19.02.2008, 11:17
Rufus schrieb:Der Wille ist auch nicht, wie der gemeine Bürger heute noch annimmt, frei. Diese Erkenntnis ist keineswegs neu. Es gab schon viele Philosophen (Nietzsche, Schopenhauer...), die sich zu dem Thema sehr ausführlich geäußert haben. Diese Theorien werden heute durch die neueren Wissenschaften bestätigt. Als großer Fan von Sartres Existentialismus fällt es gerade mir schwer, das zuzugeben.
Ich finde nicht, dass sich die beiden Positionen ausschließen. Man muss nur zwei Ebenen unterscheiden. Subjektiv gesehen habe ich tatsächlich die Möglichkeit, alles mir Vorstellbare zu tun (innerhalb der Grenzen des physisch Möglichen natürlich). Und das, was "ich" "bin", hängt zu einem Großteil von dem ab, was ich tue. Wenn ich jetzt auf den Gedanken käme, Mönch zu werden, könnte ich ins Kloster gehen und würde auf diese Weise "mich" und "mein Leben" entsprechend meiner Vorstellung neu gestalten. Ich bin frei dazu. Wenn ich es allerdings wollte - und nun findet der Ebenenwechsel statt - dann hätte das Ursachen. Mein Wille ist nicht in dem Sinne frei, dass er seinen Ursprung nur "in mir" hat. Er hat sich ergeben aus einem komplexen Zusammenspiel von Erfahrungen und gegebener Anlage.
Der Satz von Schopenhauer, dass man zwar tun kann, was man will, aber eben nicht wollen, was man will, drückt genau das aus. Ich bin frei, nach meinem Willen zu handeln. Und dieses Wollen und Handeln bestimmt (mit), was "aus mir wird". Aber was ich will, kann ich mir nicht frei aussuchen. Ich will schlicht, was ich will. Dabei wird natürlich auch mein früheres Handeln mein jetziges Wollen mitverursacht haben. Aber mein jetzt vorhandenes Wollen geht nicht unmittelbar auf meinen Willen zurück (diese Annahme würde zu einem infiniten Regress führen).