27.01.2008, 00:39
Nimrod schrieb:Genau betrachtet gibt es nur zwei Argumente für die Todesstrafe: Prävention und Vergeltung. Das sind die einzigen Argumente, die man anführen kann.
Sehe ich auch so. Wobei ich hier Prävention nicht im Sinn von Vorbeugung von erneutem Verbrechen, sondern im Sinne von allgemeiner Abschreckung verstehe (das Wort kann ja beides meinen). Wenn die Todesstrafe ein besonders großes Potential hätte, eine Gegenmotivation zu besonders schweren Verbrechen darzustellen, könnte man sie sinnvoll fordern. Aber soweit ich weiß ist das wirklich statistisch nicht zu belegen. Und auch wenn das so wäre, müsste man untersuchen, ob sie sich mit den bestehenden Rechtsgrundsätzen in Einklang bringen lässt und ob sie z.B. aufgrund ihrer Endgültigkeit nicht zu riskant ist (die bekannten Einwände).
Zitat:Wobei man darüber streiten könnte, ob Vergeltung als ein ernsthaftes Argument gelten lassen könnte.
Prinzipiell muss das nicht ausgeschlossen werden. Wenn es "Volkeswille" ist, dass der Staat im Sinne der Bürger Rache übt, dann wäre dagegen zunächst einmal nichts einzuwenden. Ob sich aber speziell in unserem Rechtsstaat mit seinen Prinzipien ein solches Handeln legitimieren ließe, wage ich zu bezweifeln. Und ich bin auch ganz froh darum (denn ich fühle mich in einem Staat, der so wenig Gewalt gebraucht, wie möglich, sicherer)...
Zitat:Aber trotz aller Sachlichkeit, bei dem Gedanken daran, dass jemand meinem Sohn oder meiner Frau etwas antun würde, muß ich sagen ja. Nicht rational, ich weiß, aber ich kann jeden verstehen, der aus diesem Grund für die Todesstrafe ist.
Ich kann nachvollziehen, dass jemand sein Kind rächen will. Allerdings halte ich es für verkehrt, bei einer allgemeinen Frage gerade die Ansicht der Leute heranzuziehen, die aufgrund ihrer persönlichen Betroffenheit gar nicht in der Verfassung sind, objektiv zu urteilen.
Vergleichbar wäre z.B. der Fall, dass ein Mensch von einem unachtsamen Autofahrer getötet wird. Würden nun die Angehörigen, verständlicherweise betroffen, fordern, den Autofahrer lebenslänglich einzusperren, müsste nach der Logik derer, die insbesondere die Meinung der Betroffenen berücksichtigen wollen, die fahrlässige Tötung mit lebenslanger Haftstrafe zu ahnden sein. De facto also dem Mord gleichgestellt werden.
Zitat:Aber jeder hier würde mir doch recht geben, wenn ich sage, dass Leben eines Kindes wäre mehr Wert als das eines Kinderschänders.
Nein. Ich weiß nicht, was für ein "Wert" das sein soll und wie der sich ermitteln lässt. Laut Grundgesetz ist die Würde jedes Menschen vom Staat zu achten. Das ist nicht an Bedingungen geknüpft. Das mag einem unangenehm aufstoßen in so einem Fall wie dem eines Kinderschänders. Allerdings hat es seinen guten Grund, dass man nicht anfängt, hie und da den "Wert" des Menschen zu mindern. Nun ist es vielleicht jedem "offensichtlich", dass ein Kinderschänder "weniger wert" ist. Morgen ist es jeder Straftäter usw. usf.
Allgemein halte ich es, wie gesagt, für verkehrt aus einer persönlichen emotionalen Einschätzung heraus allgemeine Regelungen schaffen zu wollen. Denn allgemeine Regelungen sollten von einem weitgehend allgemeinen, also objektiven, Standpunkt aus entwickelt werden, um ihrem Anspruch so gut es geht genügen zu können.