28.11.2006, 07:42
Also erstmal möchte ich anmerken, dass mir die Diskussion hier bisher ausgezeichnet gefällt. Dickes Lob an alle Beteiligten. Es gibt kaum einen Beitrag, dem ich nicht auf der ein oder anderen Ebene zustimmen würde. Genau das zeigt aber die Ambivalenz des Themas. Mir ist es schlicht und ergreifend nicht möglich, einen 100% Standpunkt für oder gegen die Todesstrafe zu vertreten. Jeder, der dies kann, muss sich entweder ausführlichst mit der Thematik beschäftigt haben, oder aber er hat sich noch nicht ausführlich genug damit befasst. (Aber wer hat das schon?
) Erschwerend kommt dann noch hinzu, dass das Ganze, wie jede philosophische Diskussion, letztendlich einer Katze gleicht, die sich selbst in den Schwanz beißt. Objektiv betrachtet, gibt es keine richtige oder falsche Meinung. Man kann nur einen subjektiven Standpunkt beziehen, den man sich selbst und anderen gegenüber vertreten können sollte.
Tendenziell bin ich gegen die Todesstrafe. Sagen wir mal zu 90%, vielleicht auch 95 Prozent. Bücher wie Grishams „Die Kammer“ (ich schließe mich der Empfehlung der schwarzen 13 an ;-) ) und natürlich „The Green Mile“ (wundert mich, dass das Buch hier noch keine Erwähnung fand
) haben wahrscheinlich nicht unbeträchlich zu dieser Meinung beigetragen. Was mich aber beschäftigt sind die verbleibenden 5%.
Dass es in Deuschland keine Todesstrafe gibt, finde ich richtig und daran soll sich auch nichts ändern. Dass in einigen amerikanischen Bundesstaaten die Todesstrafe noch praktiziert wird, führt bei mir nur zu Kopfschütteln. Erst jüngst die Hinrichtung von Tookie Williams in Kalifornien, ist für mich ein offensichtlicher Beweis der Sinnlosigkeit dieser Handlung. Einen Täter, der offensichtlich bereut und darüber hinaus nun auch noch Aufklärungsarbeit leistet und Kinderbücher schreibt, hinzurichten, ist zweifelsohne ein Verbrechen. Mit einer lebenslangen Haft hätte in diesem speziellen Falle sicher wesentlich mehr Wirkung erzielt werden können.
Gio, nicht dass mir die Vorstellung missfiele, aber das würde dann auch implizieren, dass ein Verbrechen in den Kompetenzbereich Gottes, der Natur oder des Schicksals fiele. Dann müsste man jedes Verbrechen als göttlich (oder vom Schicksal) gewollt betrachten und dürfte nicht aufmucken. (Praktisch: Gottes Wege sind unergründlich und alle gehen glücklich nach Hause? :aehm ) Dann spielt auch die Unterscheidung zwischen Bestrafung des Täters und Schutz der Mitmenschen keine Rolle. Wenn die Bestrafung eines Täters ein Eingriff in die „göttliche Gerechtigkeit“ wäre, dann wäre die Isolation vielleicht ein Eingriff in den „göttlichen Willen“. Gleichzeitig müßte man aber die menschliche Fähigkeit, moralisch zu richten auf göttlichen oder etc. Ursprung zurückführen und dann wäre ja wieder alles im Lot. Also, wie gesagt, eine Katze, die sich in den Schwanz beißt. (Mal ganz davon abgesehen, dass diese Spekulationen eine „göttliche“ Entität vorraussetzen, aber das ist ein anderers Thema.)
Eine etwas befremdliche Begründung, gegen die Todesstrafe zu sein, ist, dass lebenslange Haft für den Täter viel schlimmer ist als eine Hinrichtung. Thema Hussein
) Was ich im Zusammenhang mit Hinrichtungen wesentlich schlimmer als den eigentlichen Vollzug finde, ist die Wartezeiten, denen sich Häftlinge in den USA (z.B.) ausgesetzt sehen. Die Vorstellung, in einem Gefängnis zu sitzen und die Tage, Wochen, Monate oder Jahre exakt zählen zu können, die einem noch verbleiben, finde ich entsetzlich.
Nun zu den verbleibenden fünf Prozent.
) muss ich der schwarzen 13 zustimmen. Die Menschenrechte gehen nicht über alles. Nehmen wir einmal rein hypothetisch an, Hitler hätte den zweiten Weltkrieg überlebt und es hätte auch nicht sowas wie die Nürnberger Prozesse oder ähnliches gegeben.
Nehmen wir mal an, die Todespiloten des 11. September hätten irgendwie die Maschinen vor den Einschlägen ins WTC verlassen können. Per Schleudersitz vielleicht oder mit einem Fallschirm. (Ich weiß selbst, dass das völliger Quatsch ist, aber es geht hier nicht um die Möglichkeit als solche sondern nur um das „Was-wäre-wenn?“). Nehmen wir weiter an, die Piloten seien hinterher gefangen genommen worden. Hätte sie es verdient am Leben zu bleiben. Glaubt jemand allen Ernstes, die hätten irgendwann Reue empfunden? Hätte Hitler nach zwanzig Jahren im Knast Reue empfunden? Und wenn ja, wer sagt, dass sie der Tat wegen bereuen? Wer sagt, dass sie nicht vielmehr bereuen, weil sie ihre Freiheit eingebüsst haben? Bereuen die Leute im Gefängnis die Tat oder nur den Umstand, dass sie wegen der Tat ihr Leben hinter Gittern zu bringen müssen? Eigentlich könnten sie doch sonst auch in Freiheit bereuen, oder spielt der Ort dabei ein Rolle?
Und genau da wären wir bei den fünf Prozent. Ohne mit der Wimper zu zucken, ohne zu moralisieren, würde ich bei den erwähnten Subjekten für die Todesstrafe plädieren. Aber wo ist dann die untere Grenze? Ist Hitlers Verbrechen Schlimmer als das der Todespiloten? Intuitiv würde ich sagen ja und das an der Zahl der Opfer fest machen. Aber ab wann ist die Todesstrafe dann angebracht? Ab 3000 Opfern? Mehr oder weniger? Besondere Grausamkeit der Tat? Das alles sind Fragen, die ich mir stellen aber nicht beantworten kann. Worin liegt der Unterschied ob ein Kind von einem Perversen geschändet und getötet wird oder ob Tausende durch zu Explosionsgeschossen zweckentfremdete Flugzeuge getötet werden. Es ändern nichts am Tod des Einzelnen und nichts an der Trauer der Angehörigen!
In solchen Fällen, die ganz klar die Ausnahme sind, (und auch in Bezug auf die oft erwähnte Kinderschänderproblematik) bin bzw. wäre ich für die Todesstrafe. Und genau aus diesem Grund und weil ich nicht die Definitionsparameter für solche Ausnahmefälle angeben kann, kann ich kein entschiedener Gegner der Todesstrafe sein.
EDIT: Ernstes Thema und doch muss ich lachen. Die erwähnte Katze sollte sich eigentlich nicht in den "Zauberstab" beißen (Katzen sind ja weiblich und haben gar keinen), sondern in den Bürzel, Anhang, Tierschwanz, wie auch immer. :rofl:

Tendenziell bin ich gegen die Todesstrafe. Sagen wir mal zu 90%, vielleicht auch 95 Prozent. Bücher wie Grishams „Die Kammer“ (ich schließe mich der Empfehlung der schwarzen 13 an ;-) ) und natürlich „The Green Mile“ (wundert mich, dass das Buch hier noch keine Erwähnung fand

Dass es in Deuschland keine Todesstrafe gibt, finde ich richtig und daran soll sich auch nichts ändern. Dass in einigen amerikanischen Bundesstaaten die Todesstrafe noch praktiziert wird, führt bei mir nur zu Kopfschütteln. Erst jüngst die Hinrichtung von Tookie Williams in Kalifornien, ist für mich ein offensichtlicher Beweis der Sinnlosigkeit dieser Handlung. Einen Täter, der offensichtlich bereut und darüber hinaus nun auch noch Aufklärungsarbeit leistet und Kinderbücher schreibt, hinzurichten, ist zweifelsohne ein Verbrechen. Mit einer lebenslangen Haft hätte in diesem speziellen Falle sicher wesentlich mehr Wirkung erzielt werden können.
Gio schrieb:Wobei man sich eigentlich fragen müsste, ob überhaupt irgendein Mensch auf der Erde das Recht haben sollte, zu bestrafen - oder ob das nicht eher in den Kompetenzbereich Gottes, der Natur, des Schicksals, oder wem auch immer gehört.
Gio, nicht dass mir die Vorstellung missfiele, aber das würde dann auch implizieren, dass ein Verbrechen in den Kompetenzbereich Gottes, der Natur oder des Schicksals fiele. Dann müsste man jedes Verbrechen als göttlich (oder vom Schicksal) gewollt betrachten und dürfte nicht aufmucken. (Praktisch: Gottes Wege sind unergründlich und alle gehen glücklich nach Hause? :aehm ) Dann spielt auch die Unterscheidung zwischen Bestrafung des Täters und Schutz der Mitmenschen keine Rolle. Wenn die Bestrafung eines Täters ein Eingriff in die „göttliche Gerechtigkeit“ wäre, dann wäre die Isolation vielleicht ein Eingriff in den „göttlichen Willen“. Gleichzeitig müßte man aber die menschliche Fähigkeit, moralisch zu richten auf göttlichen oder etc. Ursprung zurückführen und dann wäre ja wieder alles im Lot. Also, wie gesagt, eine Katze, die sich in den Schwanz beißt. (Mal ganz davon abgesehen, dass diese Spekulationen eine „göttliche“ Entität vorraussetzen, aber das ist ein anderers Thema.)
Eine etwas befremdliche Begründung, gegen die Todesstrafe zu sein, ist, dass lebenslange Haft für den Täter viel schlimmer ist als eine Hinrichtung. Thema Hussein
tiff´any schrieb:durch den tod seiner söhne und der verbreitung der bilder der toten (die übrigens immer noch von einer amerikanischen seite angeboten werden, samt obduktion) ist er einer demütigung ausgesetzt, die die todesaussicht übertrifft. stellt man sich mit dem verbrecher nicht auf gleiche stufe, wenn man ihn hinrichtet?Stellt man sich nicht noch eine Stufe darunter, wenn man ihn solchen Demütigungen aussetzt? Sind diejenigen, die wollen, dass sich ein Mensch für den restlichen Teil seines Lebens mit einer nicht wieder gut zu machenden Last herumschlägt und darunter leidet nicht schlimmer als jene die nur seinen Tod wünschen. Lebenslange Qual auf der einen und kurzer Prozeß auf der anderen Seite? Was ist besser? Ich will diese Frage nicht beantworten und niemand sollte mit einer Antwort leicht bei der Hand sein. Dass jemand den restlichen Teil seines Lebens mit einer Schuld klarkommen und Reue empfinden muss/soll, um mit sich selbst ins Reine zu kommen oder sich der Auswirkungen seines Tuns bewusst zu werden, kann eine größere und schmerzvollere Bürde sein als eine Hinrichtung. (Gut, ist jetzt nur ne Vermutung!

Nun zu den verbleibenden fünf Prozent.
Gio schrieb:In klitzekleineren Massstab (Oh Gott, drei s aufeinmalDie schwarze 13 schrieb:Zum Thema Menschenrechte will ich sagen, das für mich ein Mörder/Vergewaltiger mit der Ausübung seiner Tat das Recht auf die Menschenrechte verwirkt hat und der Aspekt Menschenrechte ist somit auch nicht der Grund für mich gegen die Todesstrafe zu sein.Versteh nicht, wie Menschenrechte verfallen können. Eben dafür, dass sie immer und für alle gelten, wurden sie doch gemacht

*Geraldo* schrieb:Hätte jemand wie Hitler es verdient, auch nur noch einen glücklichen Moment zu haben? Und sei es beim Lesen eines Buches? Alles in mir schreit Nein!Die Schwarze 13 schrieb:Sie sollten auch in keinster Weise irgendwelche Annehmlichkeiten wie TV, Bücher, Internet oder Briefkontakt (außer zu ihrer Familie) genießen dürfen, da sie es 1. nicht verdient haben und zweitens so nur den Steuerzahler belasten.Das sehe anders. Die Täter sollten verstehen lernen, warum sie diese Strafe zu verbüßen haben. Nicht um sie zu resozialisieren, sondern um sie Reue spüren zu lassen. Bücher sind mehr als bloße Annehmlichkeit.
Nehmen wir mal an, die Todespiloten des 11. September hätten irgendwie die Maschinen vor den Einschlägen ins WTC verlassen können. Per Schleudersitz vielleicht oder mit einem Fallschirm. (Ich weiß selbst, dass das völliger Quatsch ist, aber es geht hier nicht um die Möglichkeit als solche sondern nur um das „Was-wäre-wenn?“). Nehmen wir weiter an, die Piloten seien hinterher gefangen genommen worden. Hätte sie es verdient am Leben zu bleiben. Glaubt jemand allen Ernstes, die hätten irgendwann Reue empfunden? Hätte Hitler nach zwanzig Jahren im Knast Reue empfunden? Und wenn ja, wer sagt, dass sie der Tat wegen bereuen? Wer sagt, dass sie nicht vielmehr bereuen, weil sie ihre Freiheit eingebüsst haben? Bereuen die Leute im Gefängnis die Tat oder nur den Umstand, dass sie wegen der Tat ihr Leben hinter Gittern zu bringen müssen? Eigentlich könnten sie doch sonst auch in Freiheit bereuen, oder spielt der Ort dabei ein Rolle?
Und genau da wären wir bei den fünf Prozent. Ohne mit der Wimper zu zucken, ohne zu moralisieren, würde ich bei den erwähnten Subjekten für die Todesstrafe plädieren. Aber wo ist dann die untere Grenze? Ist Hitlers Verbrechen Schlimmer als das der Todespiloten? Intuitiv würde ich sagen ja und das an der Zahl der Opfer fest machen. Aber ab wann ist die Todesstrafe dann angebracht? Ab 3000 Opfern? Mehr oder weniger? Besondere Grausamkeit der Tat? Das alles sind Fragen, die ich mir stellen aber nicht beantworten kann. Worin liegt der Unterschied ob ein Kind von einem Perversen geschändet und getötet wird oder ob Tausende durch zu Explosionsgeschossen zweckentfremdete Flugzeuge getötet werden. Es ändern nichts am Tod des Einzelnen und nichts an der Trauer der Angehörigen!
In solchen Fällen, die ganz klar die Ausnahme sind, (und auch in Bezug auf die oft erwähnte Kinderschänderproblematik) bin bzw. wäre ich für die Todesstrafe. Und genau aus diesem Grund und weil ich nicht die Definitionsparameter für solche Ausnahmefälle angeben kann, kann ich kein entschiedener Gegner der Todesstrafe sein.
EDIT: Ernstes Thema und doch muss ich lachen. Die erwähnte Katze sollte sich eigentlich nicht in den "Zauberstab" beißen (Katzen sind ja weiblich und haben gar keinen), sondern in den Bürzel, Anhang, Tierschwanz, wie auch immer. :rofl:
Gelöste King-Quiz Fragen: 38 (60 min)