08.05.2006, 10:25
Zitat:Was siehst Du z.B. als faszinierend und tiefsinnig an in der Kleinstadt, die Edward später aufkauft? Bis auf die nette Geschichte um die Kaufaktion fand ich diesen Ort eher gruselig.
Hehe... ja, gruselig, ging mir auch so :mrgreen: - Aber eben besonders. Ein Ort in einem Märchen, mit skurrilen Wesen und merkwürdigen Gewohnheiten. Wo soll da plakativ mit Tiefsinn geworben werden, ohne das er da ist? Hier soll weder das ideale Lebensbild repräsentiert werden, noch das soziale Miteinander, noch eine politische Botschaft. Was meinst Du?
Zitat:Nanana. Nur weil sie eine Hauptfigur mit ähnlicher Liebe zur Phantasiewelt besitzen? Das ist mir zu wenig, demnach wäre auch Harry Potter das Pendant zu Luke Skywalker.
*gröhl* nein, weil der Inhalt, die Aussage, absolut identisch ist. Es geht um die Sicht auf die Welt - in Don Juan de Marco wird alles durch einen romantischen Schleier betrachtet, in Big Fish durch einen verzauberten und märchenhaften. Bei beiden läuft es auf folgendes Hinaus: Es ist egal, was passiert ist und wie es passiert ist. Die Wahrheit liegt im Auge des Betrachters - bzw. die Wahrheit ist nicht greifbar, sie ist relativ. Das Ergebnis bleibt nämlich das Selbe. Edward Bloom traf auf Zwillinge aus Asien (ich denke Thailand, welches früher "Siam" hieß), er traf auf einen riesigen Menschen, er traf auf eine Stadt fern der Gesellschaft mit skurrilen Einwohnern. Er musste durch einen dunklen Waldweg wandern, er konnte wegen dem Krieg nicht heiraten, er musste am Zirkus arbeiten, er kam in einen riesigen Regenschauer und hat sich verfahren. Das all das passiert ist, erfahren wir ebenfalls später.
In seinen Augen spielte es sich so ab wie er es erzählte. Er verstellt sich nicht, sondern er ist tagtäglich er selber. Seine Welt IST ein Märchen, und er liebt es, in ihr zu schwelgen und zu erzählen. Bloom traf nicht auf einen großen Menschen, er traf auf einen Riesen. Die Zwillinge aus Siam waren Siamesische Zwillinge. Manchmal ist eine phantasievolle Beschreibung viel näher an der Wahrheit, an dem inneren Gefühl der Wahrheit, und an dem, was man erlebt hat, als die Wiedergabe der "nüchternen Realität". Genauso, wie er am Ende entweder im Krankenhaus gestorben ist, oder sich in einen Fisch verwandelt hat. Wenn der Sohn über den Tod seines Vaters sprechen würde, wäre zweiteres nicht nur viel schöner, sondern auch viel "wahrer". Die Phantasie wird in Big Fish als eine Lebensansicht dargestellt.
Edward Bloom erzählt nicht nur gerne, das merkt man. Die Welt ist für ihn so, wie er von ihr erzählt, und er erzählt von ihr so, wie er sie wahrnimmt. Es ist eine Huldigung an Märchen und an Geschichten, weil die Zutat dafür, Phantasie, allgegenwärtig ist

Der Bezug zu Don Juan ist so naheliegend, wie es nur irgendwie geht.
Man kann sagen, Don Juan wäre in einer Klinik zusammen mit Geisteskranken eingesperrt, und müsste einen Psychotherapeuten überzeugen, ihn freizulassen - oder man sagt, er sei in einer großen, schönen "villa" und hat die Ehre, täglich mit dessen Besitzer zu sprechen, während Prinzessinen in weißen Kleidern für ihn Sorgen.
Don Juan ist romantsich, Big Fish ist phantastisch, beides sagt das selbe aus. Und nichts mit Potter-Skywalker, du Bananchen :hammer :mrgreen:
Zitat:Verzauberte Darstellung der Realität bei Big Fish? Da widerspreche ich aber, weil es eben genau nicht um die Realität geht.
Doch, genau darum geht es
