Hallo liebe Mitglieder des King-Forums,
nachdem ich mich am 14.12.15 hier angemeldet habe, folgt mein erster Beitrag, eine Rezension zu "In einer kleinen Stadt - Needful Things"
Fan von Stephen King bin ich erst durch die Verfilmungen geworden: Misery, Carrie, Shining, Dolores, Der Nebel und insbesondere Die Verurteilten. Gemäß der Faustregel: "In 95% der Fälle ist das Buch besser" war ich schon ganz gespannt drauf, endlich mal einen Ursprungsstoff zu genießen. Ich habe inzwischen Sara (Bag of Bones), Es und Needful Things beendet. Ich fange mit letzterem an, da die Erinnerung noch frisch ist. Ich möchte natürlich erwähnen, dass alles,was ich hier schreibe, rein subjektiv ist. Ihr könnt im Geiste ruhig vor jedem Satz "Meiner Meinung nach" ergänzen
Leider muss ich jedoch sagen, dass mir Needful Things nicht wirklich gefallen hat, hauptsächlich wegen 2 Punkten.
1. Der Bösewicht ist nicht nachvollziehbar.
Leland Gaunt ist für mich ein äußerst schwacher Antagonist. Das ist zum einen seine Motivation: Es macht ihm einfach "Spaß". Für ein so langes Buch ein etwas magerer Motor für derart viel Gemetzel. Gerade die Antagonisten der anderen King-Werke sind ein ganz anderes Kaliber. Z.B. Carrie: Ihre Motivation speist sich aus jahrelanger psychischer Misshandlung sowohl durch ihre Mitschüler als auch durch ihre Mutter und dem tiefen Fall nach ihrem glücklichsten Moment auf dem Abschlussball, bei dem Sie für einen verhängnisvollen Zeitpunkt völlig den Verstand verliert. Trotz dieser Taten tat mir Carrie leid, und ich erlebte durch ihren Tod doch einen Verlust. Oder Annie Wilkes, die ihre Folteraktionen startet, da sie ihre Phantasiewelt, in die sie sich durch die Misery-Romane stets abgetaucht ist, nicht bedroht sehen will. Das sind interessante Schurken. Gaunt ist dagegen schlicht langweilig.
Aber auch sein Handeln ist zu irrational, um glaubwürdig (ich meine hier auf keinen Fall "realistisch", diesen Anspruch erhebt der Roman ohnehin nicht) zu sein. Wie kann Gaunt Alan ein Video zeigen, dass den Unfalltod seiner Familie lüftet? Er und Alan habe sich niemals vorher getroffen: Woher weiß Gaunt von Alans quälender Ungewissheit (möglicherweise habe ich aber was überlesen)?
Natürlich kann man einwenden, dass Gaunt ein derart krasser Überfiesling ist, dass er allwissend ist. Er weiß einfach um die Ängste und Sorgen seiner Mitmenschen. Wenn dem aber so ist: Warum hat er dann den nicht angeschnallten Sicherheitsgurt übersehen? Der übrigens keine Kleinigkeit, sondern die Hauptquelle von Alans Ängsten ist: Hat seine Frau Selbstmord begangen? Wie konnte Gaunt das bitteschön nicht berücksichtigen?
Oder die Ware Gaunts. Wenn sich die Verkäufe von ihm am Ende als wertloser Schrott entpuppen (ein Fuchsschwanz ist nur ein altes Stück Fell etc.), warum kann er dann echte, nicht-illusorische Automatikwaffen herbeizaubern? Was sind die
begrenzenden Faktoren für Gaunts Handeln?
Kurzum, der Charakter Leland Gaunt ist inkonsistent. Statt zu fragen: "Was hat Gaunt vor?" dachte ich beim Lesen stetes nur "Was hat der Autor vor?"?
1. Die Handlung ergibt keinen tieferen Sinn.
Nach der Lektüre konnte ich die Frage "Wozu das alles?" schlicht nicht beantworten. Was war der Sinn der Geschichte?
Das Offensichtliche, zu zeigen "Wozu Menschen für die Erfüllung ihrer Träume fähig sind" kann es nicht sein, dazu ist Gaunt zu manipulativ. Statt einfach nur Bedingungen für Käufe zu stellen, sucht er seine Kunden in Träumen bzw. Wachträumen und Visionen heim und diktiert ihnen förmlich, wie sie sich zu verhalten haben. Ganz abgesehen davon, dass Gaunt physisches Material zur Erfüllung seiner Zwecke herbeizaubert (siehe oben). Somit wäre die Message eher: "Wozu Menschen fähig sind, wenn ein omnipotenter Bösewicht sie ihres Willens beraubt, ihr rationales Denken ausschaltet und ihnen Dynamit und Automatikwaffen in die Hände drückt".
Das Ende macht es nicht besser. Gaunt wird "besiegt"
nachdem er sein Werk praktisch schon erfüllt hat, und er macht anschließend einfach woanders weiter.
Also: Warum das alles?
Dennoch bekommt der Roman gnädige
2,5/5 Punkte, einfach von der Tatsache aus, dass er recht kurzweilig war. Es passiert einfach zu viel, um Langeweile aufkommen zu lassen. Somit halte ich diesen Roman eher wie die Horrorversion von Independence Day: Dämlich, ja, aber es ist wenigstens ständig was los.
Das war meine erste Rezenzion eines King Werks. Ich hoffe, dass sie euch nicht zu negativ ist, aber ich bin lieber ehrlich. Kann es sein, dass ich hier nur auf eine Ausnahme im kingschen Werk gestoßen bin? Welches Buch würdet ihr mir stattdessen Empfehlen? Momentan bin ich bei "Friedhof der Kuscheltiere" dran, bis jetzt gefällt es mir deutlich besser (Sara ist aber noch immer mein Favorit).