Achtung, ich spoilere!
Hmm.
Kennt ihr das, wenn man sich einen Film anschaut oder eine Geschichte liest und direkt nach Beendigung fast wie von selbst versucht, irgendwas gutes daran zu finden, obwohl man tief innerlich völlig anderer Meinung ist? Das man etwas
irgendwie mögen will, es aber einfach nicht geht? Mir geht das so mit Big Driver...
Und ich sag es jetzt ehrlich: Ich mag die Geschichte nicht.
Von der Grundidee gar nicht schlecht (mal wieder eine Frauen-Geschichte, die King meistens gut drauf hat), aber mich stören dann doch ein paar Haare in der Suppe. Die ersten Seiten lesen sich noch ganz gut, dann kommt halt der Vergewaltiger und begeht seine Tat (was merkwürdig geschrieben ist, aber durchaus zur Situation passt), aber dann verläuft sich die Geschichte erstmal in der stundenlangen Erklärung, wie Tess aus dieser Einöde wieder nach Hause gefunden hat. Und ich muss sagen, dass ich das Buch in dieser Zeit einfach erstmal ein paar Tage weg gelegt habe. Nicht, dass man mich jetzt beschuldigt, ich könnte nicht mit der Frau mitfühlen, aber an dieser Stelle hätte ich einen rabiaten Bruch besser gefunden. Sie wacht zuhause auf und erinnert sich kurz bruchstückhaft an den weiteren Ablauf des gestrigen Abends, steht eben einfach unter Schock. Die nächtliche Odysee zieht mir King wirklich ein bisschen zu sehr in die Länge.
Und dann wird daraus die typische Rachestory. Obgleich immer wieder auf typische Rachefilme aufmerksam gemacht wird, hebt das die Geschichte nicht unbedingt davon ab, besser oder schlechter als jene Werke zu sein. Es ist einfach... routiniert. Und vielleicht deswegen so vorhersehbar und langweilig. War doch klar, dass es da eine (un)überraschene Familienbindung zwischen dem Vergewaltiger und der Frau gibt, die Tess die Abkürzung durch das Ödland angeboten hat. War auch klar, dass Tess zuerst den Falschen erschießt. Die letzten 20 Seiten sind dann auch wieder nur Erklärungen über Erklärung, ein zugegeben recht überraschender Wendepunkt kurz vor Schluss... mehr aber auch nicht.
Unglaublich genervt hat mich Tess' Angewohntheit, sich mit ihrer Katze und ihrem Navi (TomTom) zu unterhalten,was nachher dann auch noch auf einen Hund überspringt, dem Tess lachhafte Sätze in den Mund legt (Ich sag nur "Fleisch!").
Ganz ehrlich, ich liebe Kings Humor, aber in einer solchen Geschichte machen sich die ganzen Kalauer und humorigen Einfälle wirklich schlecht. Ein bisschen ernster, und die Geschichte wäre um einiges besser!
Nach "1922" für mich also erstmal eine Enttäuschung. Die angesprochene Verwendung möglichst vieler Markennamen ist mir übrigens auch aufgefallen, teilweise sehr wirr, als ob King das alles egal war. Als Tess beispielsweise nach ihren Peinigern im Internet sucht, "bingt" sie erstmal (Also über die mehr oder weniger bekannte Suchmaschine "Bing") und einen Satz später googelt sie plötzlich.