von Adeptusmagus » Mo 01.Jul.2002 23:34
Grenzgedanken des Forentreffs!
Oder: Abschlussbericht einer Neuronenbahnfahrt.
Mit bedachten Blicken verglich ich die Beständigkeit meines Lachsschinkenbrotes mit den knusprigen Backwaren von Lyrejünger. Es hätte schlimmer kommen können, Mutter strich eine angemessene Buttereinheit auf mein Brot, belegte mein Brot mit feinen Gurkenstreifen und schickte mich mit lächelnder Anständigkeit aus dem Haus. Schön und gut, Lyre hatte nur zwei trockene Butterhörnchen vom Bäcker in seiner Tüte, deshalb gab es keinen ersichtlichen Grund dazu, neidisch auf sein Frühstück zu sein, aber ich war es trotzdem.
Nach der ersten Rast, einen Kilometer von meinem zu Hause entfernt, fühlte ich mich trotz aufkommenden Missmutes gestärkt und dazu bereit den Tag mit einer Horde norddeutscher Ausländer zu verbringen. So schien die Autobahnfahrt aufgrund der guten Musikeinwirkung, überraschend schnell zu verstreichen und so schafften wir die vierstündige Fahrt in knapp unter zwei 1/2 Stunden (Gefühlte Fahrtdauer lag knapp unter 42 Minuten).
Am Zielort angekommen demonstrierte mir Lyrejünger seine angelernte Fähigkeit über das typisch amerikanische Einparken. Dabei muss ich hinzufügen dass dieser Parkstil dem der Deutschen und Schweizer sehr ähnlich ist, nur dass die Amerikaner einen Randstein nicht als potentielles Hindernis betrachten und ihn deshalb als eine Art Berganfahrt ansehen, welche es zu überwinden gilt. Gelernt hat Lyrejünger diese Begabung in diversen Akte- X -Folgen und in der Sesamtrasse.
Von Weitem war schon zu erkennen dass ein muskulöser alter Mann eine Gruppe von Bierbänken zu zähmen versuchte. Er warf sich dabei mit seinem gesamten Gewicht auf die Bank und zwang sie, ihn unauffällig in den Garten zu folgen.
Klar, das war unser Mann. Wir begrüßten den Mann - wurden dabei von bärenstarken Händen gequetscht – und machten uns sogleich auf die Suche nach der Espresso-Maschine. Auf halben Wege jedoch wurden wir abrupt von zwei lustigen (ineinander verschmolzenen) Leuten gestoppt, die wiederum Verstärkung von einem Wolf hatten. Endlich stand ich wieder vor Coco, deren chronisches Lachen ich für acht Monate missen musste. Die trächtige Coco hatte ihre schöne Glatze verloren und durch Sara ein paar Kilo hinzugewonnen.
Mit den ersten drei Tassen Kaffe kamen auch schon die ulkigsten Gespräche zustande und so wurde ich bestens über Mutterkuchen, Vaterwehen und Grünkernspezialitäten aufgeklärt. Als auch endlich The Klaus eine kleine Arbeitspause einlegte, nachdem er noch ein paar Stockwerke des dunklen Turmes gesaugt hatte, wechselten die Gesprächsthemen zwangsweise zu der Artgerechten Haltung von Braunbären, zum Herstellungsverfahren der Haribo-Goldbären und zum Bärmuda-Dreieck, welches ja bekanntlich eine mögliche Verbindungsstätte zwischen unserer Welt und Mittwelt darstellen soll.
Die nächsten Gäste waren Silke und ihr Mann (stimmt doch, oder?), die mit Bärliner Dialekt und einem Kampfhund die allgemeine Atmosphäre ins freie Begleiteten. Dort trank ich mein erstes Apostel – Bräu und musste als strenggläubiger Anhänger Christi sofort bemängeln dass das Zölibat den, auf der Flasche abgebildeten Mönch wohl zu einem psychotischen Alkoholiker gemacht haben muss, sonst würde dieser nicht so sehnsuchtsvoll den Krug an seinen Bauch halten, als würde er damit sagen wollen: „Gott, schicke mir bitte ein Weib... ein Blondes!“
Nach dem dritten Apostel umklammerte auch ich mein Bier und musste unter seelischen Schmerzen mit ansehen, wie verschiedene Forenmitglieder für eine einzige Übernachtung offenbar ihren gesamten Kleiderschrank in ihre Reisetaschen quetschten. Obendrein stellte ich fest, dass der Drache mit übernatürlichem Stolz davon berichtete, dass er ein Stephen – King Buch in einer dieser Taschen versteckt haben musste. Applaus an dieser Stelle!
Weitere Gäste waren dann Schnie mit seiner Freundin (die nach Bärlin ziehen möchte), ein schwarz gekleideter Vincent, eine dunkel gekleidete Darkness und ein hell aufleuchtender Buddy Holly. Letztere entpuppte sich dann doch nur als gewöhnlicher Veit, der eigens wegen mir (da bin ich mir ganz sicher) einen weiteren Kasten Bier angekarrt hatte. Bier mit Kindersicherung, wie ich später leidvoll erfahren sollte.
Unter leichter Alkoholeinwirkung schlenderten die Besucher des Dunklen Turmes dann von Garten Anlage a) zu Garden Anlage Eden. Dort wurde meine Ohrmuschel dann mit dezibelarer Musik von AC / DC gefoltert. Aber mit Schmerzen musste man schließlich auf einem Gruseltreffen wie diesem rechnen.
Die Thematik über Amokläufer begeisterte letztlich den ganzen Südflügel des immensen Festzeltes. Jeder gab zu, ständig nur in „Schwarz“ rumzulaufen, (wie man besonders an „Der Drache“ sehen konnte, der anschaulich auf sein hellgraues T-Shirt zeigte), mittlerweile im Schützenverein zu sein und Religionslehrer zu hassen. Mein Blick wanderte in diesem Augenblick immer wieder zu Veit, weil ich von ihm (unscheinbar, immer freundlich zu Nachbarn) am ehesten einen Amoklauf erwarten würde. Mit Nudelsalat alleine war er nämlich ganz sicher nicht ruhig zu stellen.
Besorgniserregend auch der Fleischkonsum von Vince, für den Zivildienstleistende alle zu hoffnungslosen Verlierern zählen. Ich, als ehemaliger Zivildienstleistender kann ihm da einfach nur recht geben.
Lyrejünger war mal hier und da, genauso wie Silke. Klaus und Coco beobachtete den pubertären Haufen im Südflügel ab und an mit königlicher Amüsierung und redeten mit der, inzwischen aufgetauchten Band und / oder Nachbarschaft.
Nach meinem fünften Apostel begann Veit die Essenz von Farbstoffen zu analysieren, während Lyrejünger diese, einfach oral zu konsumieren begann. Huch, Whiskey schien es ihm schon angetan zu haben. Trotz größter Bemühungen erzählte er dennoch nichts von seinen, hüstel, ehrlich gesagt etwas perversen Träumen. Damit meine ich jedoch nicht seine mediale Fähigkeit als hellseherischer Träumer, sondern seinen Hang zur Freizügigkeit (in Träumen)...
Nach meinem sechsten Bier (inzwischen hatte ich auch eines mit Kindersicherung getrunken) begann Veit immer attraktiver zu werden. Es machte mir auch praktisch überhaupt nichts aus, dass er Vertreter der evolutionären Meinung war, dass der Mensch vom @ abstammt.
Der Tag wurde allmählich zum Abend, der Abend wurde wiederum zur Nacht und so gingen die Besucher in die wärmeren Gefilde des Dunklen Turmes oder nach Hause, wie Silke.
Im Inneren des Turmes (es müsste so zehn nach halb vier gewesen sein), rutschte Veit immer tiefer vom Sofa zum Boden und lag schließlich einmal tatsächlich für einen kurzen Plumps auf selbigen. Danach wurde er zum zentralen Blickfang (offenbar rechnete jetzt jeder der Anwesenden mit einem Blutbad) und erzählte von seinen traumatischen Kindheitsereignissen. Zugegeben, eine solche Kindheit hätte auch ich mir nicht alpträumen können. So lebte dieser junge Mann einige Jahre lang mit fünf Staubsaugern zusammen und war von der Endzeitatmosphäre des nahegelegenen „Streichelzoos für mutierte Kreaturen“ sehr beeinträchtigt. So ein Schicksal prägt einen Menschen natürlich und so begann auch ich zu weinen. Ziegen ohne Haare sind kein guter Umgang für Kinder, lasst euch das sagen! Christian Ziege (auch ohne Haare) ist kein Umgang für die deutsche Nationalelf, lasst euch das auch sagen.
Nachdem ich mehrmals darum gebeten habe endlich ins Bett zu dürfen (um genauer zu sein, durfte ich auf einem hölzernen Fußboden schlafen), stand Klaus einfach auf und erlöste die erschöpften Lyriker des Abends, indem er um zehn nach halb vier zur Bettruhe läutete.
Die Nacht verlief recht ruhig, die Katzen blökten kaum, Veits Luftmatratze stöhnte nur leise und die Blähungen vom Lyrejünger waren praktisch nur in einem Zimmer zu hören – und zwar in meinem.
Am nächsten Morgen hatte ich einen bitteren Geschmack im Mund und deshalb beschuldige ich hiermit alle Anwesenden des groben Unfugs, auch wenn ich nicht genau weiß wer mir die Spinnen in den Mund gesteckt hatte.
Die Kopfschmerzen hielten sich in Grenzen, lediglich das Zeitloch machte mir ein wenig zu schaffen. Nun, dann tranken wir wieder ein paar Tassen Kaffe, freuten uns über das Ausscheiden der deutschen Nationalmannschaft bei der Fußball WM (besonders freute sich Vince, der doch tatsächlich der Meinung ist, Zivildienstleistende wären schwul, Handballspieler hingegen nicht!!).
Allmählich gingen alle überlebenden Besucher wieder nach Hause, so dass Lyrejünger, der Drache und ich noch beim Großputz helfen konnten. Danach befuhren auch wir wieder den Highway und kamen erneut in keinen Stau. Zu Hause betrachtete ich meinen Körper, der mit so einer Art magnetischer Wirkung, millionenfach Grünkerne angesaugt hatte und einem heftigen Hormonsturz ausgesetzt war (ehrlich, ich trage normalerweise keinen Bart!) und stellte fest, dass Lady, wäre sie eine Pflanze, garantiert viele neue Blüten in den unterschiedlichsten Haushalten Deutschlands (und der Schweiz) hervorrufen würde.
Amen und Prost!
Andre von der Lyre!
[ 01.07.2002: Beitrag editiert von: theklaus ]