Kanon

Alles um King das sonst nirgendwo reinpasst

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Kanon

Beitragvon Vermis » So 29.Mai.2016 07:57

Ein Thema das mich schon länger interessiert: Wie steht es im King-Universum mit dem Kanon? Wir wissen ja, alle Geschichten von King sind mehr oder minder miteinander verbunden, aber es gibt für mich zwei, drei Bereiche, bei denen ich mir nicht sicher bin:

1. Sind die Vorgeschichten aus den Dark-Tower Comics als Kanon anzusehen, zumindest solange King nicht eine eigene Geschichte dazu schreibt?

2. Die Joe Hill Verbindungen: Es gibt ja Verknüpfungen zwischen "Doctor Sleep" und "Christmasland", "Mr. Mercedes" und "Blind" und so weiter. Zählen die zum King-Universum? Sind Hills Geschichten damit im Gesamtkontext von Kings Werk mit einbezogen?

3. Ebenso die Storys von Tabitha, wo Kings "Hauptstädte" erwähnt werden.

Gehören die Storys seiner Familie mit solchen Verknüpfungen dazu, oder kann man das nur als "Insider witze" zwischen der Familie betrachten?
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Re: Kanon

Beitragvon bigben » So 29.Mai.2016 11:30

Also ich finde, dass die DT-Comics nicht dazugehören. Und Bücher von Joe Hill oder King´s Frau mit Anspielungen auf seine Werke auch nicht (wie du meintest, sind es ja nur "Insider-Witze").
Eigentlich gehören, für mich, nur die Werke aus Stephens eigener Feder zu einem Kanon.
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Re: Kanon

Beitragvon Tiberius » So 29.Mai.2016 13:03

Ich muss ehrlich gestehen, ich habe schon meine ersten Probleme bei den Begriffen King-Universum und vor allem beim Wort Kanon. Könnte also sein, dass das hier etwas länger wird. Ohjeh :cry:

Für mich entsteht dann ein Kanon, wenn mehrere Geschichten einzeln unabhängig sind, sich aber in einer Form einer großen Gesamtgeschichte unterordnen. Wenn es eine klare Zeitschiene gibt, an der sich die Handlungen der Einzelwerke aufreihen. In der modernen Popkultur haben wir das ja aktuell in den Kinos noch und nöcher. Marvel macht es mit dem eigenen Universum vor, Star Trek, Star Wars und auch das ganze Geschwurbel um Batman und Superman steigen dort ein. Selbst früher haben die Autoren um Lovecraft dies mit dem Cthulhu-Mythos versuch, unter dem viele Autoren kurze und längere Geschichten veröffentlichten. Auch Tolkien hat das mit der Ringe-Trilogie und den Werken davor und danach getan. Mit dem Silmarillon hat er ein komplettes Lexikon von Mittelerde veröffentlicht und dadurh extrem viel Ordnung in die Fantasy-Welt gebracht.

Doch für mich arbeitet King komplett anders. Wenn ich mir meine Bedeutung von einem Kanon anschaue, hätten wir mehrere für King. Der Dunkle Turm natürlich mit den angrenzenden Romanen. Der Zyklus um Castle Rock, der vielleicht noch mit dem sehr nah befindlichen Zyklus um Derry zusammenhängt, aber teilweise deutlich davon entfernt ist. Recht frisch, die Mercedes-Trilogie, die in der eigenen kleinen Welt zu Hause ist, obwohl es genügend Andeutungen und Nennungen von bekannten Dingen gibt. 'Das letzte Gefecht' sticht ein wenig heraus, auch wenn es im Dark-Tower-Zyklus erwähnt wird, ist aber in seinen verschiedenen Zeitversionen ziemlich deutlich in sich geschlossen. Dazu kommen noch Geschichten, die selbst eine Hommage an andere Autoren sind. Kurzgeschichten vor allem wie "Das Haus in der Maple Street" oder "Crouch End", "Der Fall des Doktors".

Das bringt mich auch zu der zweiten Hürde deiner Frage: Das King-Universum ist in meinen Augen nur dann simpel greifbar, wenn man sich so oberflächlich wie möglich damit beschäftigt. Wenn man dabei bleibt, dass es Mittwelt und unsere Welt gibt. Dann passt es, dass wir in Maine eben Castle Rock, Derry und andere, kleinere fiktive Orte haben. Dann passt auch dazu, dass die unbenannte Stadt in der Mercedes-Trilogie ebenfalls rein fiktiv sein muss. Doch schon beim ersten Grübeln kommt es zu Komplexitäten. Die Territorien aus 'Der Talisman' und 'Das Schwarze Haus' sind Mittwelt, oder nicht? Schließlich gibt es Brecher und die kleinen Schwestern von Eluria. Doch warum hat dann Roland noch nie etwas vom Verheerten Land gehört? Die Welt ist 1990 an Captain Trips zu Grunde gegangen, richtig? Nein, nicht wenn man pedantisch ist - und darum geht es ja letztendlich bei der Frage. Die Welt ist 1985 und 1990 an Captain Trips zu Grunde gegangen. Doch nicht nur unsere Welt, sondern auch eine Welt, in der es Takuro Spirits und eine merkwürdige Brause zu trinken gibt. Eine Welt, die zwischen Mittwelt und unserer steht, in der es Abigail Freemantle gibt, aber die unmöglich unsere sein kann. Jake Chambers, Eddie Dean und Susannah Dean kommen von unserer Welt aus verschiedenen Zeitpunkten, richtig? Nö, auch nicht. Die drei sind sich nicht einig, wo eigentlich die Co-Op City in New York liegt. Heißt also, es ist nichtmal sicher, dass der Jake in Schwarz der wirklich gleiche Jake aus Drei und den folgenden Romanen ist, ebenso wie die Toren-Jungs zum Ende des Zyklus' nicht zwingenderweise in der gleichen Welt zu Hause sein müssen, die wir kennen. Im Gegenteil, ich persönlich glaube, dass es immer wieder andere Welten sind, alle nah an unserer, aber letztendlich erleben wir immer wieder Twinner der uns so bekannten Figuren.

Wo will ich damit hin? King hat keine abgeschlossene Welt erstellt. Nichtmal einen wirklich durchgängigen Zeitstrahl. Selbst seine Castle-Rock-Geschichten sind nicht wirklich einem Kanon zu Folge geschrieben, weil King sich damit nicht all zu lange damit auseinandersetzt. Schau mal die Historie von Andy Clutterbuck an. Er war schon komplett abgeschrieben und King behauptete, dass er stirbt. In der letzten Geschichte zu Castle Rock ist er der abgeklärte Polizeichef. Es gibt auch keine große Gesamtgeschichte dieser einen Welt - oder des einen Universums. Dinge fließen symbolisch nach links, rechts, oben und unten und vor und zurück.

Ich glaube, King selbst kümmert sich nicht all zu sehr darum, ob seine eigenen Geschichten wirklich wasserdicht aufeinander passen. In der Vergangenheit hat er sicherlich ein zwei Ideen gehabt, wie er kleine Geschichten wie die von Alan Pangborn weiterspinnen könnte, aber der Großteil außerhalb des Dunklen Turms wirkt für mich eher wie eine spontane Eingebung. Der Vorteil, den er inzwischen hat, ist, dass er auf andere Leute zugreifen kann. Die ihm dabei helfen, dass Doctor Sleep nach Shining Sinn ergibt. Dass Jake Epping in Derry sich auf bekannten Pfaden mit bekannten Charakteren trifft. Dass "Wind" nicht zu fern von dem bisher abgeschlossenem Zyklus war.

So, wir sind fast durch, nur noch ein bischen, versprochen. Zu deiner Frage gehört in meinen Augen auch die Klärung einer Verbindung. Für mich gibt es drei Sorten davon. Einmal komplette Handlungsstränge die dafür sorgen, dass die Geschichten sehr stark miteinander verbunden sind. Dann Figuren, Orte, Firmen, Namen, Begriffe, die ganz offensichtlich gesetzt wurden. So wie Jud Crandall einen tollwütigen Hund aus Castle Rock erwähnt. Das bedeutet in meinen Augen nicht, dass auch Friedhof der Kuscheltiere zum Castle Rock Zyklus gehört, aber zwischen Cujo und dem Friedhof gibt es eine nette Verbindung. Dazu gehören in meinen Augen auch gemeinsame Symbole und Motive. Etwa, wenn es um einen Spruch geht, der nicht ganz alltäglich ist und wiederholt vorkommt, oder eine erzählerische Besonderheit (Tagebücher, Zeitliche Sprünge, parallele Handlungen) Und Nummer drei: Das, was nur Bekloppte sammeln. Markennamen (Zigaretten, Autos), bekannte Musiker, Präsidenten, berühmte Attentäter, etc. Dinge, die sich nicht vermeiden lassen, wenn man Figuren über ein bestimmtes Thema oder eine Zeit agieren lässt. Man kann die auflisten und damit Geschichten verbinden, aber das wäre dann doch zu viel des Guten in meinen Augen.

So, jetzt aber wirklich zur Beantwortung deiner Frage: In aller Kürze: Nein. Ist es nicht von King geschrieben, ist es in meinen Augen auch nicht Teil seines Kanons. Das mag sich in Zukunft ändern, aber in meinen Augen ist nur dort zu 100% King drin, wo King auch den Stift geschwungen hat.

Bei Robin Furth ist das arg grenzwertig, denn sie hat indirekt seit Wolfsmond am eigentlichen Zyklus mitgewirkt. Auch ihre Historie von Mittwelt - dem Silmarillon für den Dunklen Turm - hatte King abgesegnet, von daher dient es auch für uns, um besser zu verstehen, warum King Mittwelt in das Chaos geschrieben hat, in dem es sich befindet. Dennoch sind vor allem die Comics weiter davon entfernt. Es ist eine Adaption von Kings Büchern. Ausgehend von seinem Material hat Furth festgehalten, wie Arthur Eld zu der sagenhaften Figur wurde, die wir kennen, wie der Scharlachrote König entstand, und und und. Direkter Kanon, nein. Hilfreiches und authentisches Begleitmaterial: Auf jeden Fall.

Zu den zweiten Sachen: Auch nein. Die Verbindungen sind so etwas, wie ein freundliches Winken oder das Tippen an die Hutkrempe. King streut sie haufenweise schon vorher ein, wenn er Figuren oder Orte nach Schauspielern oder anderen Autoren benennt. Im Gegenteil, wäre das von Relevanz für die Ausarbeitung eines kompletten Universums, müsste man zum Beispiel "Raststätte Mile 81" doppelt sehen, denn in der Einzelfassung ist es noch ein American Vampire Comic. In der Fassung für die Sammlung ist es dann Locke & Key von Joe Hill, welches kurz erwähnt wird.

Und auch Tabithas Verbindungen gehören für mich nicht dazu. Ist es nicht sogar so gewesen, dass bei den großen Hollywood Produktionen von Spielberg und Lucas früher sogar einzelne Figuren in anderen Filmen für eine oder zwei Sekunden auftauchten? Ähnlich ist es hier. Erneut ein kleines "Hallo", aber nicht genug, um im Universum anzukommen und mitzuspielen.
Tiberius
 


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