So, nun kam ich gestern in den Genuss des neuen "Carrie"-Films, inmitten eines tatsächlichen knüppelvollen Kinos (hatte ich bei 1408 und dem Nebel nicht).
Ich werde jetzt mal nicht spoilern, sonst daher jetzt schon mal die Warnung.
Im Grunde gebe ich den Stimmen recht, die gesagt haben, dass De Palmas Carrie von 1976 lediglich "aufgefrischt" wurde. Viele Szenen sind genau gleich, manche Dialog sind Wort für Wort identisch, alles in allem sind die Neuerungen auf die heutige Generation ausgelegt - Carrie sucht Leute mit paranormalen Fähigkeiten im Internet, am Anfang in der Dusche wird ein peinliches Handyvideo von ihr gemacht, die böse Chris lädt besagtes Video auf Youtube hoch, damit es die ganze Welt sieht.
So werden einige Aspekte mehr ausgeleuchtet, andere eher schnell weggeblendet. Der Fokus liegt viel mehr auf Carrie und ihrer Mutter, die anderen Figuren bekommen nicht einmal ansatzweise so viel Zeit sich zu präsentieren wie im Original. Chris Hargensen's Art wechselt wie eine flackernde Glühbirne, mal ist ihr Hass auf Carrie überschäumend, im nächsten Moment scheint sie Gewissensbisse zu bekommen, und das immer und immer wieder. Der am schlechtesten herausgearbeitete Charakter ist und bleibt aber Billy Nolan, ihr Freund. Was habe ich mich über John Travolta im Original amüsiert, eine herrliche Figur, die gleichsam abartig und irgendwie sympathisch rüberkam. Der neue Billy ist einfach nur ein böser Mensch, Punkt. Er ist weder lustig noch irgendwie nachvollziehbar, er ist einfach nur da und abgrundtief schlecht.
Nun aber mal zu den guten Aspekten. Chloe Moretz als Carrie ist eine gute Wahl. Sie erreicht zwar nicht ganz die Intensität von Sissy Spacek, macht aber einen insgesamt guten Job und haut im Finale ordentlich auf den Busch. Julianne Moore als ihre Mutter kommt auch nicht an Piper Laurie ran (der hat man stets eine gewisse brodelnde Bösartigkeit angemerkt, Moore scheint einfach nur verrückt zu sein), aber auch hier will ich nicht groß meckern.
Das Remake ist unglaublich kurzweilig, mir kam der Besuch lediglich zehnminütig vor. Das Finale ist deutlicher actionreicher und intensiver als Anno 1976, auch wenn Carries Rache an Chris wie Kaugummi gedehnt wurde. Und trotzdem bekam ich wahnsinnige Gänsehaut ab dem Moment, als Carrie mit Schweineblut übergossen wurde.
Da Carrie bisher recht erfolgreich in den Kinos läuft, hoffe ich mL, dass er die Produzenten nach dem "Flop" vom Nebel wieder auf King aufmerksam macht und einige Projekte wieder auf den Tisch kommen - vielleicht auch mal über die Drehbuchphase hinaus. Der neue Carrie ist zwar nicht so ein unsterblicher Klassiker wie das Original, aber trotzdem ein spannender, gut gemachter Horrorfilm, der mit seinem Mobbing-Grundthema genauso gut in die heutige Zeit passt wie damals.
Also ich werde ihn mir nächste Woche nochmal ansehen