Man sollte halt nicht außer Acht lassen, das es sich hierbei um King's ersten Roman handelt. Er war ja bekanntlich selber voller Zweifel über die Quallität seines Buches, so das seine Frau es erst aus dem Papierkorb fischen mußte, um es bei diversen Verlagen einzuschicken. Es hat aber nun mal, und das steht außer Frage, den Mythos Stephen King und sein Euvre begründet, und gilt somit als sein Schlüsselwerk.
Das gleiche kann man von Brian dePalma sagen. Obwohl er zuvor schon einige experimentelle Filme insszeniert hatte, bekam sein Stil erst durch die Verfilmung von Carrie den rechten Schliff. Das Ambiente des Filmes mag aus heutiger Sicht recht altbacken wirken. Aber es darf auch (wie bei King und seinen späteren Werken selbst) nicht vergessen werden, das wir in der heutigen Zeit einer Reizüberflutung unterliegen, in denen sämtliche visuellen Medien diese Art, Geschichten zu erzählen, schon zu tausenden kopiert und variiert haben. Sich daraufhin (vielleicht erstmalig) solch einen Horrorfilm - Archetyp wie "Carrie" zu Gemüte zu führen mag dann für manche eher ermüdend erscheinen. Ich jedenfalls sehe solche Filme (wie auch Kinderfilme) meist mit den Augen des Betrachters jener Zeit und lasse mich von solch virtuosen Schnitt- und Kameratricks wie bei den Filmen Hitchcock's oder dePalma's gerne verzaubern oder fesseln. Und ich empfinde dann meistens aktuellere, oft effekthascherische Werke als zu plump und phantasielos in Szene gesetzt.
Wie John Carpenter, einer meiner Regie - Ikonen, mal so treffend formulierte : "Mir ist es lieber, das jemand seinen Kopf durch ein ausgeschnittenes Loch hindurchsteckt, welches dann mit Make - up und Kunstblut ausgestattet wird, als wenn jener Kopf für hunderttausende von Dollars digital erschaffen wird...der Film atmet selbstständig durch solche Aktionen, digital hängt er bloß an einem Beatmungsgerät."
Oder um mit dem Bild der abstrakten Kunst zu sprechen : es geht nicht darum, den wilden Stier so exakt wie möglich auf die Leinwand oder das Papier zu übertragen. Man soll in solch einem Bild nicht den Stier erkennen...sondern seine Wildheit.
Brian dePalma ist dies mit "Carrie" und noch einigen späteren Genrewerken perfekt gellungen, wenn man sich denn darauf einlässt. Aber es verhält sich nun mal genau so wie mit der abstrakten Malerei; nicht jeder sieht auf Anhieb die Wildheit, manche suchen nur verzweifelt nach dem exakten Abbild des Stieres.
Zuck.
...'Liebst du' ? - 'Ja', antworte ich. 'Und wahre Liebe wird niemals enden'...