von Kurt Barlow » Do 16.Apr.2009 08:18
Achtung, Spoiler, die ich nicht markieren wollte, weil das in diesem langen Text doof ausgesehen hätte!
So, seit einem Jahr steht das Buch in meinem Regal und vor einigen Wochen nach Sunset dachte ich mir, dass ich es doch mal durchaus lesen könnte (Bin gerade in einem Lese-WAHN und hab Zeit - gefährliche Mischung!). Nun, gestern Nacht hab ich den Rest des Buches (50 Seiten) in einem Rutsch bis knapp 2:00 Uhr nachts durchgelesen und muss schon sagen, dass ich lange nicht mehr so gut unterhalten wurde. Gut, man muss zugeben, dass der Roman manchmal hinkt. Der Anfang ist interessant, aber was danach kommt und sich zwischen dieser Zeit und der Bildausstellung abspielt, ist schon etwas spannungsarm im eigentlichen Sinne - aber King macht das mit einer pervers guten Schreibweise deutlich wett. Wenn ich ganze Passagen begeistert lese, in denen im Prinzip nichts und rein gar nichts unheimliches passiert, dann hab ich Angst, dass ich mit dem selben Gefühl in 40, 50 Jahren mit einem Rosamunde Pilcher Buch im Schaukelstuhl sitze. Bää, ich schüttel den Gedanken ganz schnell ab.
Die Charaktere sind mir teilweise sofort ans Herz gewachsen. Gut, zu Edgar hatte ich den ganzen Roman lang kein richtiges Bild im Kopf - es viel mir irgendwie schwer, ihn mir einarmig vorzustellen, in meinen Gedanken hatte er immer zwei Arme. Wireman war mir deutlich sympatischer und ich hatte die ganze Zeit beim lesen im Kopf - und finde im Nachhinein, dass das außerordentlich genial passt.
Elizabeth war für mich so eine Figur, wo ich wegen des alters dauernd eine gewisse alte Frau aus einem Roman namens "The Stand" im Kopf hatte, auch wenn ich mir sie so nicht unbedingt vorstellen wollte, aber irgendwie fiel ich doch immer in diese Denkweise zurück. Bei Jack hatte ich auch kein klares Bild im Kopf, aber da man ja die Vorstellung hatte, dass er ausgesprochen jung sein soll, hatte ich schon Auswahlmöglichkeiten in meinen Gedanken. Der Rest war auch gut vorstellbar. Pam war mir teilweise recht unsympatisch, bei Ilse (Gilt das als amerikanischer Name? Erinnert mich schwer an Heidi aus Thinner ...) hatte ich ein typisches High-School Mädel im Kopf und die Figur des Kamen hatte ich eine etwas größere Version von im Kopf.
Gruselig war das Buch stellenweise auch wirklich. Zwar ist die Idee von den schaurigen Zwillingen echt langsam alt, aber immer noch ganz wirksam. Perse fand ich sehr surreal - ich musste mir nachts immer vorstellen, wie sie mit einem zerlaufenden Gesicht an Bord eines Schiffes zu mir aufsieht... man, sehr bildlich vorstellbar! Auch die anderen waren genial, vor allem Emery - eine schön schaurige Figur. Und die ganzen anderen Wesen erst - auch ich musste beim Big Boy sofort an den Long Boy denken! Und die Vögel, die auf den Rücken fliegen... aufweia, surreal ist doch immer schreckenerregend...
Der Humor war stellenweise auch genial, besonders am Anfang mit Kamen, als Edgar Kamens Ohr mit einer großen Schublade vergleicht. Gott, hab ich da gelacht. Wiremans plötzliche Angst vor Schlangen hat ihn mir auch gleich sympatisch gemacht, auch wenn ich eher Angst vor Spinnen hab. Aber natürlich hab ich nicht nur was zu loben an dem Roman. Stellenweise find ich ihn gegen Ende unfreiwillig doof - wenn Jack z.B durch Elizabeths Puppe spricht, hab ich schon ein bisschen gehofft, dass diese Passage bald Ende ist. Oder als die Porzellanfigur von Perse Edgar tatsächlich beißt - da musste ich mir unfreiwillig einen wilden Hamster vorstellen, den Edgar in seinen Käfig setzen will.
Und das Ende.. naja ich war schon mehr enttäuscht von anderen Werken, aber King hat mit Edgars Vernichtung von Duma Key wenigstens einen spannendes Showdown gemacht, der offen bleibt. Ach ja, auf der letzten Seite hab ich aufgeatmet und dachte "Ach, ein Glück ist Wireman nicht gestorben, der war doch echt geil drauf und-" Danke, Stephen, dass du meinem Lieblingscharakter einen Herzinfarkt geschenkt hast. Man, ich fand Wireman so toll.
Letztlich ein starkes Buch, platzt nur so von Leben, dass man gar nicht mehr aufhören will zu lesen. Sicherlich gibt es spannendere Werke, aber Duma Key ist typisch King... erst lässt er Edgar in seinem Leben aufatmen, um ihn dann auf seinem glücklichen Höhepunkt ins aussichtslose Grauen zu ziehen. Neun von Zehn Daumen hoch für diesen lebendigen und schaurigen Höhepunkt in Kings jüngster Schreibkunst!
I think I'm a Bananatree!
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