Hab das Buch heute in der Mittagspause beendet und bin zwiegespalten - es hat seine Stärken, aber auch seine Schwächen, und unterm Strich finde ich es nett, mittelmäßig, aber nicht mehr. Gruselig? Bestenfalls die Szene mit dem wabernden Ungetüm in Mikes Albtraum, und die ist auch nur gruselig, wenn man sie im Dunkeln beim Licht einer kleinen Funsel liest.
Was richtig gut war:
- die Liebesgeschichte zwischen Mike und Jo, die über den Tod hinausging - schön geschrieben, v.a. auch am Anfang mit den Rückblenden auf den Beginn der Beziehung, auf die kleinen Rituale usw.
- die Referenzen auf Daphne duMauriers "Rebecca", eines meiner Lieblingsbücher
- die Seitenhiebe auf die Verlagsszene und die Einblicke ins Leben eines Schriftstellers
- Haus und See. Ich wollte direkt hinfahren, Spuk hin oder her *g*
- dass Ich verstehe, warum King das gemacht hat - er hat Mike so die Chance gegeben, seiner Jo weiterhin treu zu bleiben und sich selbst nicht der Peinlichkeit auszusetzen, mit einer Frau zusammenzusein, die seine Tochter sein könnte. Insofern hat King die Situation gut gelöst. Und ich fand's toll, wie er sich im Epilog über diesen Kniff lustig gemacht hat
Was genervt hat:
- zu viele Geister. Ernsthaft, was sollte das am Ende? Ich meine, ich kann verstehen, dass Sara und Jo herumspuken bzw. auch Saras Sohn, aber gleich Das war reichlich übertrieben, war auch nicht mehr gruselig, sondern eher ein "Jo eh, passt schon, jetzt komm endlich zum Punkt"-Effekt.
- Längen. An manchen Stellen zieht sich das Buch dahin, man hätte da durchaus etwas kürzen können.
- Vorhersehbarkeit. Ab einem bestimmten Punkt hatte ich eine Ahnung, was mit Sara passiert sein könnte. Das war keine großartige Überraschung, wenn auch in der Detailliertheit, in der King das Ganze beschrieben hat, ziemlich brutal.
- zu konstruiert - an manchen Stellen hatte ich den Eindruck, dass King sich nicht recht entscheiden konnte, ob er nun eine traurige Liebesgeschichte, eine Geisterstory oder einen Rechtsthriller schreiben wollte; die vielen verschiedenen Storylines haben auch nicht immer zusammengepasst, der Spuk im Haus wirkte z.T. sehr aufgesetzt, so nach dem Motto "Es muss da aber jetzt spuken, also lass ich Mike Geräusche und Stimmen hören und bring die Magneten am Kühlschrank durcheinander". Ich fand das einfach nicht gruselig. Eher langweilig.
Was keinen oder nur wenig Sinn ergeben hat:
- die Geschichte mit Max Devore. Das war einfach unglaubwürdig. Ich meine, das ist ein Charakter, der sprichwörtlich über Leichen geht, um zu kriegen, was er will, und dann Das kam mir schon sehr konstruiert vor - so, als hätte King einen Anlass gebraucht, um die Geschichte voranzutreiben und als wäre ihm nichts Besseres eingefallen. Hat mich überhaupt nicht überzeugt.
- die lange Zeitspanne zwischen Es gab da auch kein erkennbares Muster, abgesehen davon, dass Oder konnte so lange nichts passieren, weil In jedem Fall fand ich das etwas eigenartig und sinnlos.
- Mikes Faszination für Sara war anfangs überhaupt nicht nachvollziehbar - dieses "Oh, die Frau hat sooooooo tolle Lieder geschrieben, aber es gibt keine Schallplatten von ihr". Ja, das war wichtig für die Story, aber nicht oder nur sehr bedingt nachvollziehbar. Mir hat da die Motivation gefehlt. "Die Frau war in der Gegend mal sehr berühmt" ist keine Motivation, Berühmtheiten gibt's ja wie Sand am Meer.
- die Feindseligkeit der übrigen Stadtbewohner Mike gegenüber. War das Anders kann ich mir das nicht erklären - und am Ende bleibt Mike ja auch dort, d.h. er muss sich in irgendeiner Weise mit den Einheimischen arrangieren, wenn er nicht zum Einsiedler verkommen will.
Ja, und dann wären da noch die offenen Fragen. Was wurde z.B. aus Romeo und George? Die werden überhaupt nicht mehr erwähnt - nicht, dass die jetzt so wahnsinnig wichtig gewesen wären, aber wenn dann wüsste ich schon gern, wie die Sache für die beiden ausgegangen ist.
Shiny. Let's be bad guys.