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Genauere Analysen von Kings Texten

Beitragvon Moritz » Fr 27.Jul.2001 12:47

Bei Stephen King gibt es manchmal bestimmte Worte oder Namen, die im Laufe eines Romans eine bestimmte Bedeutung angehaftet bekommen und dann immer wie ein Symbol eingesetzt werden, allerdings bin ich mir bei manchen nicht ganz sicher, wofür sie stehen...
Bei MISERY: Ihr erinnert euch doch sicher an dieses eine Wort: "Nachwischen."
Auf S. 38 (in der Jumbo-Ausgabe) sagt Annie Wilkes einmal: "Jetzt muss ich nachwischen."
Von da an verfolgt Paul Sheldon dieses Wort "nachwischen" und es kommt immer wieder in verschiedenen Zusammenhängen vor und ich würde gerne wissen, ob ihr blickt, wofür dieses Wort "nachwischen" in MISERY steht.
Dasselbe ist bei THE DARK HALF mit "Endsville, der Ort an dem alle Züge enden" und mit dem Wort "Metzgerfüllsel". In Thads Traum sagt George Stark, als Thad einen Truthahn in seinem Herd findet: "Hier unten nennen wir das Metzgerfüllsel". Thad fragt darauf in dem Traum: "Wie meinen Sie das? Was meinen Sie mit hier unten?"
George Stark antwortet: "Endsville. Der Ort, an dem alle Züge enden."
Das Wort "Metzgerfüllsel" muss doch irgendeine wichtige Bedeutung haben, immerhin heißt so der erste Teil von THE DARK HALF. Soll das einfach nur bedeuten, dass es in der ersten Hälfte jede Menge blutiges Gemetzel gibt? Wäre das nicht zu platt? Und was ist mit "Endsville"? Im Lauf der Geschichte geht Thad Beaumont dieser merkwürdige Ortsname immer wieder durch den Kopf...
Etwas Ähnliches gibt es auch noch bei "Desperation". Dort ist es "Vom Unterricht befreit".
Der Junge David Carver hängt sein "Vom Unterricht befreit"-Schild an das Baumhaus, in dem er zu Gott gebetet hat, weil ihm ein Gefühl gesagt hat, dass er das tun sollte. Bevor John Marinville am Ende von "Desperation" sein Leben opfert um Tak zu töten, steckt er David Carver das "Vom Unterricht befreit"-Schild in die Tasche und niemand weiß so recht, woher Marinville dieses Schild hatte und ich weiß auch nicht so recht, was er David Carver damit sagen will, indem er ihm dieses Schild heimlich in die Tasche steckt. Außerdem hat der Epilog von "Desperation" auch den Titel "Vom Unterricht befreit" und deshalb denke ich, dass das irgendeine zusätzliche Bedeutung haben muss. Ich würde es mir so erklären, dass King diese Läuterung, die in "Desperation" geschieht als Gottes Unterricht ansieht und David am Ende sagen will, dass nun alles vorbei ist, weil David Carver im Unterricht gelernt hat, dass sein Glaube an Gott zwar richtig ist, dass Gott aber wesentlich grausamer ist als er gedacht hatte... Oder, Moment, noch besser! Vielleicht will er damit sagen, dass John Marinville seine Lektion gelernt hat, denn am Ende wird er ja auch gläubig und die Ereignisse in "Desperation" waren dann sein Unterricht!
Oder es ist beides damit gemeint. Also, dass die Ereignisse in "Desperation" ein Unterricht waren, bei dem David Carver gelernt hat, dass Gott sehr grausam ist und bei dem John Marinville gelernt hat, dass es doch einen Gott gibt.
Wie denkt ihr darüber?
Moritz
 

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Beitragvon Moritz » Mo 30.Jul.2001 22:40

Wie's aussieht, könnt ihr mir auch nicht großartig weiterhelfen...
Moritz
 

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Beitragvon stephy » Di 31.Jul.2001 07:20

Ich war auch stutzig was das "vom Unterricht befreit" heißt - und THE DARK HALF habe ich nie gelesen... Aber ich glaube, das heißt soviel wie dieses "Endville" - und das wäre; Endstation. Fertig. Aus. Es ist vorbei.
Das wiederum würde ich mit dem Wort TOD in Verbindung setzen; es ist vorbei, Du bist tot. Wobei der Tod natürlich auch immer gleichzeitig ein neuer "Anfang" darstellt; es geht weiter, zumindest nach christlicher Auffassungsgabe... [img]images/smiles/icon_wink.gif[/img]
So würde ich es sehen, denn vor allem dieses "Endsville" bedeutet ja schon soviel wie Endstadt - oder Endstation... [img]images/smiles/icon_wink.gif[/img] Das kann doch eigentlich nur der Tod sein, oder???? [img]images/smiles/icon_confused.gif[/img]
Ach, ich weiß ja auch nich...

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Beitragvon Moritz » Di 31.Jul.2001 12:48

Stephy, um Himmel-Herrgotts-Willen!!!
Du hast THE DARK HALF nicht gelesen?????
Das ist zusammen mit MISERY einer der zwei besten Kings!
Da ist Stephen echt mal auf der Höhe seiner Kreativität, sollteste echt lesen, meine wärmste Empfehlung.
Moritz
 

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Beitragvon Zombie » Di 31.Jul.2001 17:03

@ Moritz

Vielleicht kann ich ein wenig Licht ins stygische Dunkel dieser Thematik bringen:
Im Hinblick auf Misery, glaube ich, daß die Wiederholung des Verbs "nachwischen" lediglich als loses Fragment in der verstörten, von Drogen beeinflußten Gedanken- und Gefühlswelt des Protagonisten (Paul Sheldon) zu sehen ist. Sein Bewußtsein wird ja ständig von Flashbacks, wirren Erinnerungen und Bruchstücken bewußter sowie un(ter)bewußter Wahrnehmung heimgesucht. Und daher glaube ich nicht, daß "nachwischen" eine spezielle textimmante Relevanz aufweist. King wildert ja nach wie vor in trivialen Gefilden.
Im Bereich des Drehbuchschreibens gibt es einen Vorgehensweise, die man als "Säen und Ernten" bezeichnen kann. Ein bestimmtes Motiv wird in die Handlung eingebracht (gesät), um später geerntet zu werden, also darauf zurückzugreifen, um dem Plot eine gewisse Stringenz und Tiefe zu verleihen.
Vielleicht setzt King aus diesem Grund wiederkehrende Motive ein, die beim Leser primär das Gefühl der Kontinuität erzeugen sollen, metaphorisch gesprochen eine Art geistiges Brandzeichen.
Ich hoffe, meine Erklärungsversuche sind einigermaßen nachvollziehbar...

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Beitragvon MisterQ » Mi 01.Aug.2001 17:16

Respekt. Was für ein Einstieg ins Forum !!! [img]images/smiles/icon_eek.gif[/img]
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Beitragvon stephy » Mi 01.Aug.2001 19:32

Ich hab auch mal eine meiner Geschichten 'ner Lehrerin gezeigt, da ging ich schon nicht mehr auf die Schule, und sie meinte auch, ich würde "zu bieder und trivial" schreiben. Ist jetzt zwar schon eine Weile her, aber es hat damals auch eine Wunde bei mir hinterlassen - die im Laufe der Zeit sehr wichtig und POSITIV für mich wurde.

Ich würde allerdings nicht sagen, daß jeder (oder auch nur; die meisten), der Germanistik studiert oder/und Lehrer ist, King blöd und trivial findet. Ich hatte jetzt letztes Jahr eine Deutschlehrerin, die sagte nie etwas gegen Stephen King, im Gegenteil. Die sagte eher; "Jeder das, was er will" - und das sind für mich auch immer die wahren "Literaten". Außerdem kenne ich ein paar, die Germanistik studieren - und die haben rein gar nichts gegen Stephen King, im Gegenteil... [img]images/smiles/icon_wink.gif[/img]
Man kann es nie so pauschal sagen. Ich habe jetzt in diese Richtung eher positive Erfahrungen gemacht... [img]images/smiles/icon_smile.gif[/img] [img]images/smiles/icon_biggrin.gif[/img]

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Beitragvon Moritz » Mi 01.Aug.2001 23:02

Zombie: Ich fand deinen letzten Beitrag echt interessant, auch dieses "Säen und Ernten" war eine nützliche Information für mich, ich kannte zwar dieses "Phänomen", aber keinen Namen dafür.
Du scheinst mit King ja sehr kritisch umzugehen.
Zitat: "King wildert ja nach wie vor auf trivialen Gefilden."
Nun, wir könnten darüber diskutieren, WIE trivial Kings Werke wirklich sind. King ist sicher nicht der anspruchsvollste aller Autoren, aber trivial würde ich ihn nicht nennen...
Erst mal muss ich sagen, dass ich mir unter Umständen tatsächlich vorstellen kann, dass du mit deiner Theorie recht hast, aber bist du dir eigentlich im Klaren was das heißt?
Ich meine, wie trivial ist ein Autor, der schlicht durch in Klammern gesetzte Wiederholungen eines einzigen Wortes seiner Geschichte eine Tiefe geben will???
Wenn du mich fragst, wäre King demnach ein ziemlicher Schundautor.
Ich denke allerdings eher, dass deine Theorie zwar zutreffen mag, aber nur Kings sekundäres Ziel ist. Ich denke schon, dass das Wort "nachwischen" für irgendwas steht - warum hätte sich King ansonsten ausgerechnet dieses Wort für sein "Säen und Ernten"-Prinzip aussuchen sollen?
Und wenn es tatsächlich für etwas steht, dann würde King dieses simple Wort zu einer Art Symbol umfunktionieren und DAS wäre dann sein primäres Ziel.
Und sein sekundäres, da könnte ich dir zustimmen, durch Wiederholungen Tiefe zu erzeugen. (Genauso wie King immer wieder versucht Tiefe zu erzeugen, indem er ein Ereignis aus verschiedenen Perspektiven zeigt.)
Moritz
 

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Beitragvon Zombie » Mi 01.Aug.2001 23:56

Moritz: Ich habe noch mal in dem Buch "Drehbuchhandwerk" nachgeschlagen und festgestellt, daß ich es nicht ganz richtig zitiert habe: in diesem Buch ist von "Plazieren und Ernten" die Rede (anstatt "Säen und Ernten"). Es wird eingangs vom Autor aber darauf hingewiesen, daß die besprochenen Techniken keinen festen Terminus haben. Der eine nennt es so, der andere so. Ich fürchte auch, daß mein Übertragen dieses Begriffs aus der Filmwelt ins Literarische nicht 100%ig geglückt ist. Im Film versucht man, dabei einer Szene Bedeutung und Gewicht zu geben, ohne dieses künstliche Gewichtung hätte die Handlung womöglich deutlich weniger Tiefe. Würde man im Gegensatz dazu, bei Misery das "nachwischen" aus dem Text streichen, verlöre der Roman keinen Deut seiner Dichte, da es noch jede Menge andere subtextbezogene Verknüpfungen gibt.
Nun zum eigentlichen Thema: Ich stemple Stephen King nicht als Trivialautor ab, in dem Sinne, daß ich die Bezeichnung trivial negativ gebrauche, wie es die Deutschlehrer so gerne tun. Klar ist aber, daß King (weitgehend) in einem Genre arbeitet, d.h. seine Arbeit läßt sich genau einordnen, was auch nicht schlecht ist. Ich lese King, seit ich 14 bin (mein erstes Buch war Nachtschicht), und sehe Kings Leistung darin, daß er ungemein fesselnd, in seinen besten Werken geradezu hypnotisierend schreibt und daß seine Arbeiten aus dem Bauch kommen, nicht so sehr aus dem Intellekt. Ich finde, in seinen Büchern geht es primär um Emotionen, nicht um Rationalität, und eine Emotion, die mich fasziniert, ist Angst,Horror, der in Wahnsinn mündet, und vielleicht ein Stück darüber hinausgeht. Das ist es, was mich packt, die Sprache der Eingeweide, und darin sehe ich Kings Wert als Schriftsteller: seine Fähigkeit,reale Angst zu transzendieren und sie dem Leser auf eine Weise näherzubringen, die eine Kontrontation mit dem absoluten Grauen ermöglicht, ohne daß der Leser sich de facto in Gefahr begibt. Nun teilen diese Ansicht, wie oben bereits angedeutet, - sagen wir - Deutschlehrer nicht, deren Meinung nach alles trivial ist, das nicht den Namen Goethes, Schillers oder Brechts trägt. Ich habe einem von mir geschätzen Lehrer am Ende der der K12 drei meiner Stories über die Sommerferien ausgeliehen, da er wirklich interessiert war. Als ich sie zurückerhielt, meinte er, die Geschichten seien sehr amerikanisch und eben trivial. Und seitdem hat dieses Wort einen negativen Beigeschmack für mich. Für jemanden, der Germanistik studiert hat (was ich nicht vohabe, dafür aber Vergleichende Literaturwissenschaften [img]images/smiles/icon_wink.gif[/img]) ist King wahrscheinlich trivial, für eine um das geistige Wohl ihres Sohnes besorgte Mutter ist das, was er schreibt, kaum mehr als Schund, für einen Fan ist er, in dem was er tut und wie er es tut, genial.
Wenn ich also King in meinem letzten (und ersten) Posting als trivial bezeichnet habe, dann aus der intellektuellen Warte.
So sehe ich King zwar als trivialen Autor, aber in der Welt des Trivialen finde ich ihn bisher unerreicht, und betrachte ihn denn auch als mein literarisches Vorbild, auch wenn ich versuche, so etwas wie einen eigenen Stil zu finden.

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Kings beste Zitate

Beitragvon Pennywise » Do 20.Sep.2001 19:37

Ich fang mal an die besten Zitate von unserm Stephen zu posten.
Sind echt ein paar Hämmer dabei [img]images/smiles/icon_biggrin.gif[/img]


Fußball ist das American Football für Intelligente. (Dead Zone)

In den Gummizellen rund um die Welt gibt es Leute, die nicht mein Glück hatten.

Wenn ich ein Organ wäre, ich wäre der Dickdarm.

Wahrscheinlich könnte ich meine Einkaufsliste veröffentlichen - es würde ein Bestseller werden. Und manche Kritiker meinen, dass ich genau in den letzten Jahren das getan hab.

Oft werde ich gefragt: "Wie schreiben sie Ihre Bücher?" Ich antworte darauf immer: "Ein Wort nach dem anderen." Dann sind die Leute meistens enttäuscht. Sie glauben, es gibt eine Art Geheimrezept, wie man einen Bestseller schreibt. Aber die gibt es nicht. Es ist wie die chinesische Mauer: Nur ein Stein auf dem anderen, und trotzdem hab ich irgendwo gelesen, dass man das Scheißding sogar vom Weltraum aus sehen kann.

Kritiker fassen Bücher über 300 Seiten offenbar als persönliche Beleidigung auf.

Wahrscheinlich könnte ich meine Einkaufsliste veröffentlichen - es würde ein Bestseller werden. Und manche Kritiker meinen, dass ich genau in den letzten Jahren das getan hab.

Angesprochen auf die manchmal etwas herbe Ausdrucksweise mancher seiner Romanhelden: Ich habe viele Geschichten über verzweifelte Menschen in verzweifelten Situationen geschrieben, und irgendwann läuft es dann darauf hinaus: Da haben wir einen Mann, der etwas in seiner Garage zusammenbaut, er ist allein und schlägt einen Nagel in ein Brett, verfehlt den Nagel und trifft stattdessen seinen Daumen. Blut spritzt, und so weiter. Sagt der Mann etwa: "Ach Du liebe Zeit!" ? Strengen Sie Ihre Phantasie an. Mit anderen Worten, ich spreche davon, dass man die Wahrheit sagen sollte.

Und hier der Knaller!:

Als ich nach meinem Unfall nach Hause kam, hab ich mir Titanic angesehen. Dabei musste ich weinen - und da wusste ich, dass mein Gehirn beschädigt war.
Pennywise
 

Kings beste Zitate

Beitragvon Pennywise » Mi 03.Okt.2001 20:21

Kennt keiner mehr gute King-Zitate? [img]images/smiles/icon_sad.gif[/img]
Pennywise
 

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Beitragvon Schnie » Mi 03.Okt.2001 22:48

King in einem Interview:
"Ich habe dass Herz eines kleinen Jungen-
es steht in einem Einmach Glas auf meinem Schreibtisch"
Gruss, SCHNIE.
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Kings beste Zitate

Beitragvon Ginny-Rose_Carter » So 30.Dez.2001 18:48

@schnie, ich dachte dieses Zitat stamme ursprünglich von Robert Bloch ("Psycho") und King hat es von ihm übernommen...aber weiss es jetzt nicht hundertprozentig...
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Beitragvon Pennywise » So 30.Dez.2001 21:13

@ Ginnyrose

Psycho... ja ich glaube ich habe in dem Film das Zitat schon mal rausgehört.
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Beitragvon Adeptusmagus » Mo 31.Dez.2001 13:39

...Es gibt Leute, die mit einem Bein in der Zukunft & dem anderen in der Vergangenheit stehen und eben deshalb ständig auf die Gegenwart pissen...
(Schrieb King in irgend einem Buch)
Adeptusmagus
 

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