Endlich eine sinnvolle Threadneueröffnung.
Viele Filme, die mir ebenfalls gefallen und die ich mehrmals sah, wurden schon genannt, ich geh deshalb intensiv nur auf meine "wahre Top-5" ein.
Eine Rangliste besteht nicht, dennoch steht ein Film über allen und wird zuerst erwähnt:
Auf Wiedersehen, Kinder von Louis Malle aus dem Jahr 1987.
Kein Werk, welches seinen zeitlichen Schwerpunkt 1933 bis 1945 setzt, nimmt mich so mit, wie dieses Juwel. Malle verarbeitete ein Kindheitserlebnis aus dem Jahr 1944. Im Film besucht der zwölfjährige Julien zusammen mit seinem älteren Bruder ein von Priestern geführtes Internat, da die wohlhabende Familie Paris für zu unsicher hält. Julien ist fasziniert von einem neuen Schüler, und durch sein Interesse an diesem - Jean sein Name - findet Julien heraus, daß im Internat jüdische Kinder versteckt werden.
Das Geheimnis und die Schönheit von
Auf Wiedersehen, Kinder liegt in den erschreckend authentisch wirkenden Bildern, die eine eigentümliche Atmosphäre erzeugen - einerseits erlebt der Zuschauer die Poesie der Freundschaft, die in einer grauenhaften Zeit erblüht; andererseits wirken selbst Kleinigkeiten wie Umhänge, Schuhe, Schreibgriffel, Marmeladengläser dermaßen historisch realistisch, daß es mich jedes Mal schüttelt und ich mich freue, nicht in "dieser Zeit" gelebt zu haben. Krähen flattern über frostige, braune Felder - ein Symbol, was ich so verinnerlich habe, was für mich persönlich den 2. Weltkrieg als
Gefühl darstellt.
Malle schuf eines des stillsten und unaufdringlichsten Meisterwerke des europäischen Kinos und unbewußt das Pendant zu
Amelie.
Ergreifend.
Kinder des Olymp von Marcel Carné, gedreht 1943 bis 1945 unter deutscher Besetzung.
Frankreich, erste Hälfte des 19. Jahrhunderts. Wir befinden uns im Theater- und Schaustellermilieu eines längs vergangenen Paris. Zentrum des Handlung ist die schöne Garance. Mehrere Männer aus unterschiedlichsten Schichten und mit unterschiedlichen Charakteren versuchen, sie zu besitzen oder ihre Liebe zu erlangen, hervorstechend unter ihnen der Pantomime Baptiste. Anhand dieser Konstellation entfaltet sich ein Drama wie aus einem der ganz großen französischen Klassiker der Literatur. Poetischer Realismus, symboldurchtränkte, philosophische Szenen über Wirklichkeit und Schein, die unerträgliche Leichtigkeit des Seins und die unerträgliche Schwerheit der Liebe. Über drei Stunden versinkt man in dieser Welt, aus der sich zeitlose Wahrheiten auch heute noch entnehmen lassen.
Den Film sehe ich zwar höchstens alle 5 Jahre, aber dann immer wieder mit Begeisterung.
Wenn die Gondeln Trauer tragen von Nicolas Roeg aus dem Jahr 1973
...der Titel verrät, wo wir uns befinden; in Venedig. Doch nie sah die Lagunenstadt häßlicher, trostloser, verfallener aus, wenn Donald Sutherland verwirrt durch die Gassen streift. Wie bei Thomas Mann hält auch im Werk von Nicolas Roeg der Tod hier Einzug. Visionen, Alpträume, Zeichen, Warnungen - der Film berstet über davon und schenkt dem Zuschauer Momente voller morbider Schönheit, die sich ins Gedächtnis brennen und erschaudern lassen. Atmosphäre atmet jede Szene und in allen Ecken lauern düstere Geheimnisse. Am Ende hebt sich der Schleier nicht vollständig, der Zuschauer wird mit Ahnungen und Eindrücken allein gelassen - und bleibt sprachlos über das Gesehene, das Erfahrene zurück.
Atemberaubend.
Es war einmal...La Belle et la Bête von Jean Cocteau aus dem Jahr 1946
Ein surrealer Märchenfilm mit wehenden Samtvorhängen; barocken Tafeln; von Geisterhand entfachte Kamine; Arme, die aus dem Nichts Kerzenständer halten. Disney übernahm viele Details, und bleibt doch meilenweit entfernt von der Wucht, die Cocteaus Bilder innehalten. Jean Marais ist in einer Doppelrolle zu sehen - seine beeindruckendste Leistung neben dem Grafen von Monte Christo. Außerdem hat dieser Mann ein Gesicht, welches sich nur Barbara Cartland erdacht und zusammenphantasiert haben muß.
Wenn man sich ein Gedicht verfilmt vorstellen könnte - so sehe es aus.
Die Frauen von George Cukor aus dem Jahr 1939
Herrlich! Meine Lieblingskomödie. In diesem Film spielt nicht ein einziger Mann mit, selbst alle Tiere sind weiblich.
Erzählt wird von der High-Society-Lady Mary (Norma Shearer). Über ihre Freundinnen erfährt sie, daß ihr Mann sie mit einem Parfummädchen (Joan Crawford) betrügt. Sie fährt nach Reno, läßt sich scheiden und beginnt dann, sich an der Neuen zu rächen. Diese Geschichte ist allerdings nur oberflächliche Staffage, um Frauen in all ihren Facetten zu zeigen. Böse, vertratscht, gierig, naiv, hinterhältig, liebenswürdig, warmherzig, intelligent. Beziehungen entstehen und vergehen - mit einer großzügigen Abfindung für die Dame, Freundschaften sind symbiotische Verhältnisse, die man schnell beendet, wenn die Freundin ihre dschungelrot lackierten Fingernägel nach dem eigenen Mann ausfährt. Man gönnt der anderen nichts und sich das Beste.
Wahnwitzig und absolut zeitlos. Interessanter Nebeneffekt, man erfährt, wie fortschrittlich die 30er Jahre (bezüglich Mode, Geschlechterverhältnissen, Körperkult, Frisuren) waren (zumindest in der Oberschicht) - ganz im Gegensatz zu den spießigen 50ern und 60ern. Allein der Vorspann ist gelungen (wer sich nicht so sehr mit richtig alten Filmen auskennt - früher lief
vor dem eigentlichen Film all das, was wir heute im Abspann lesen): bei der Vorstellung der Hauptpersonen wird jeder Figur ein Tier zugeordnet, Crawford z.B. ist ein schwarzer Panther.
So, meine Finger tun weh. Ich werde bei Gelegenheit ergänzen, doch für heute reicht es erst einmal.