Ich sah mir am Wochenende den neuen Film mit Audrey Tautou an -
Mathilde - Eine große Liebe.
Einfach wunderschön, und nur auf den ersten Blick an
Amelie erinnernd. War dieser eine märchenhafte Hommage an Montmartre, so schwebt
Mathilde zwischen Hoffnung, Geheimnis und Kriegsgrauen. Nur anhand kleiner, liebevoller Details und großartig eingesetzter Filmtechnik erkennt man die Arbeit von Jean-Pierre Jeunet.
Der erste Teil des Film erzählt in schweren, realistischen Bildern vom Frontgrauen in Verdun. Fünf Männer sind zum Tode verurteilt, weil sie sich - teils aus Verzweiflung, teils aus Zufall, teils aus Wahnsinn - selbstverstümmelten, um früher in die Heimat zurückkehren zu können. Diese unglücklichen fünf schickt man ins Niemandsland zwischen der französischen und der deutschen Frontlinie. Unter den Männern befindet sich ein Junge von der Atlantik-Küste, dessen Verlobte Mathilde jeden Tag auf sein Wiederkommen wartet. Ende des Krieges erhält sie die Todesnachricht, aber Mathilde kann und will nicht glauben, daß ihr Geliebter gestorben sein soll. Sie setzt alles in Bewegung, um die Schicksale der fünf Soldaten zu erfahren.
Wundervoll sind vor allem die Bilder, welche oft in verschwommenes Sepia getaucht sind und so ein Paradoxon von traumhafter Realität vermitteln. Alles erscheint authentisch, man fühlt sich ins Jahr 1920 zurückversetzt. Zudem ist es unglaublich spannend, die verschiedenen Lebenslinien der Soldaten zu verfolgen, welche Mathilde nach und nach aufdeckt und immer mehr beleuchtet.
Der gesamte Film belohnt den Zuschauer: mit einer puzzelartigen Handlung und befriedigendem Ende; mit großartigen Darstellern; mit ungemein lieben Nebensächlichkeiten, welche insgesamt genommen ins Gewicht fallen; mit
Phantasie und Liebe am Medium Film - zwei Dinge, die mir im Kino heutzutage sehr oft fehlen.
Der Zuckerguß, welcher über den Bildern von
Amelie lag, fehlt hier, wäre auch unangebracht wegen der Thematik. Aber gerade deshalb halte ich die Arbeit von Jean-Pierre Jeunet für gelungen, er hat sich nicht kopiert, sondern ein eigenständiges Werk geformt, daß dennoch seine unverwechselbare Handschrift trägt.
Einziger Kritikpunkt, die Übersetzung des Titels -
Un Long Dimanche de Fiançailles hätte man auch einfallsreicher ins Deutsche übertragen können.
Für mich bis jetzt der beste Film 2005. Unbedingt ansehen.
Zuletzt geändert von Gwenhwyfar am Mo 09.Okt.2006 15:02, insgesamt 1-mal geändert.