Religion(en)

Für alles andere

Beitragvon Ginny-Rose_Carter » Do 28.Nov.2002 11:31

Ginny-Rose_Carter
 

glauben

Beitragvon sweetangel16 » Do 28.Nov.2002 19:04

sweetangel16
 

Beitragvon Ginny-Rose_Carter » Do 28.Nov.2002 20:48

... 'n ungläubiger Engel wär auch seltsam ... :mrgreen:
Ginny-Rose_Carter
 

Beitragvon MisterQ » Do 28.Nov.2002 23:02

Tiefe Religiösität halte ich ganz ehrlich gesagt, und ich will hier keinem auf die Füße treten oder beleidigen, für kompletten Schwachsinn
:roll:
Die ganze Machtgeilheit der Kirche, was schon immer so existierte, der Papst mit seinen völlig veralteten und ... ich möchte es lieber garnicht erst aussprechen... Ansichten über Abtreibung, wobei er selber garnicht mehr denken oder reden, sondern nur noch Böden küssen kann, die ganzen vergeudeten Sonntage in den Kirchen...
Ehrlich, will nicht persönlich werden, aber das kann ich nicht verstehen... :blatt:
Textauszug, WIZO, "Das Goldene Stück sch...":

"In den letzten Jahren bist du viel herumgereist und hast manchen Flugplatz auf der Welt geküsst,
Jedes Jahr auf deinem Open-Air am Petersplatz, hast du immer einen tollen Spruch gewusst.
Du kennst deine Bibel aus dem Kopf und weißt, dass darin steht, dass Verhütung eine Sünde ist und deshalb nicht erlaubt,
und noch immer sterben Kinder, weil sie nix zu fressen haben, doch wehe dem, der nicht an deine Lügen glaubt...
Das goldene Stück sch... geht an dich, denn du hast es echt verdient.
Du hast hart dafür gekämpft und deshalb sollst du es auch kriegen, das goldene Stück sch... geht an dich!"

Ginny und sweetangel, bitte verzeiht mir! :censored:
Ich glaube an etwas Höheres, aber nicht an dessen Personifizierung und den dazugehörigen Kult...
MisterQ
 

Beitragvon Ginny-Rose_Carter » Do 28.Nov.2002 23:12

Ähm, Q ... ich glaube, ich werde wie üblich missverstanden. Ich bin eine absolute Gegnerin der (katholischen) Kirche und des Papstes, habe sie noch nie wirkich anerkannt. Religion und Glaube werden bei mir seit ca 7 Jahren strikt getrennt. Kommt das irgendwie nicht rüber? :rolleyes:
Ginny-Rose_Carter
 

Beitragvon MisterQ » Do 28.Nov.2002 23:24

MisterQ
 

Beitragvon goofy » Fr 29.Nov.2002 00:12

goofy
 

Beitragvon Gwenhwyfar » Fr 29.Nov.2002 00:15

Ähm, wäre es nicht mehr Thema-bezogen, zu schreiben; ich gehöre der und der Religion an, das ist blabla usw. bzw. Religionen gehen mir am *Enddarmöffnung* vorbei und zwar aus diesem Grund blabla, als schon wieder über einen Glauben ansich zu diskutieren? :rolleyes:
Sorry, daß ich rummuffel, aber was erfährt man Neues? Statements, die man schon in mindestens drei anderen Threads las. *hmpf*
So, das letzte Mal, daß ich hier rummuffel, ist ja nicht mein Thread :mrgreen: - aber ich kann keine Bemerkungen mehr hören über den christlichen Gott. :heul:
Gwenhwyfar
 

Beitragvon goofy » Fr 29.Nov.2002 00:47

verstehe mich bitte nicht falsch Ginny,

ich respektiere jede Religion und jeden Glauben, aber die Geschichte hat bisher immer wieder bewiesen, wenn eine Religion oder ähnliches, als das einzig Wahre dargestellt wird,sie von machtbessene Menschen ausgenutzt wurde, um andere Menschen zu unterdrücken, oder sogar abschlachten zu lassen.

Jeder Mensch hat das Recht, sogar die Pflicht, festgeschriebene Gesetze in Frage zu stellen, und sich für Verbesserungen einzusetzen.

Wenn eine Religion zum töten aufruft, hat in meinen Augen nicht die Religion versagt, sondern die "Führer" und ihre Anhänger

(habe gerade wieder was im Fehrnsehen gesehn)
goofy
 

Beitragvon Ginny-Rose_Carter » Fr 29.Nov.2002 01:12

@goofy ... Da gibts für mich gar nix falsch zu vestehen weil ich es absolut genauso sehe. Wenn die Menschen an Gott glauben tut das mit Sicherheit niemandem weh. Wenn sie daraus eine intolerante Religion machen, dann schon.

@Q ... Tja, manchmal ist es wirklich besser, man liest erstmal genau nach bevor man losquatscht ... Bild :P
Ginny-Rose_Carter
 

Beitragvon Gwenhwyfar » Fr 29.Nov.2002 01:16

*anderesThema* :P
Interessant finde ich die Vermischung von alten Religionen /"Aberglaube" und der christlich-katholischen in Südamerika bzw. in Schwarzafrika. Die daraus entstandenen "Religionen" haben viel mit Dingen zu tun, die man vielleicht "Hexerei" nennen könnte, wie Voodoo oder andere Kulte, die alle mit "Magie" arbeiten. Weiß jemand dazu mehr?
Als Einstieg (etwas länger :mrgreen: )
Gespannt und oftmals irritiert begegne ich seit Jahren dem westafrikanischen Voodoo als einer ungestümen und kraftvollen religiösen Bewegung. Seine Grundhaltung, die sich im Selbstverständnis seiner Anhänger wiederfindet, ist die der Stärke, einer Stärke, die sich fortschrittlich zeigt, zur Neuerung immer bereit und im Falle der Reaktion fähig und willens, sich augenblicklich zu regenerieren. Die Auseinandersetzung mit zeitbedingten Entwicklungen ist in seiner eigenen Wandlung sichtbar. Der Voodoo prüft, integriert, lehnt aber auch ab, und ist in diesem Sinne unbedingt gegenwartsbezogen, auch wenn sein Ursprung über die historische Tiefe unseres Jahrhunderts weit hinausgeht.
Die Erfahrungen, die ich sammeln konnte, stammen vorwiegend aus Nordafrika, dort, versuchte ich auch, den Voodoo zu spezifizieren, und zwar in den Personen wichtiger Priester und deren Gemeinden. Ich begegnete der Praxis des Voodoo im kultischen Geschehen, an heiligen Orten ebenso wie auf der Straße und in vielen Gesprächen. Und ich begegnete seinen Kultobjekten -von mit Opferblut bespritzten Fetischen, deren materieller Anteil manchmal unserer hiesigen Sperrmüll-Produktion ähnelt, bis hin zu Figuren als überzeugende und auch ästhetisch reizvollen Bildwerken. Genau hier setzt einmal mehr die Konfrontation mit dem außerhalb des afrikanischen Kontinents gebildeten Begriff von der »afrikanischenKunst«ein; nur in optisch deutlicher Abweichung von den Bildwerken der Tradition und in weit hin unveröffentlichten Erscheinungsformen.
Im Voodoo selbst geht es jedoch ausschließlich darum, die den Göttern zustehenden Paraphernalien zu schaffen. Dieser Aspekt ist so zwingend wie in der Tradition, obwohl die Götter des Voodoo sich in ihren Forderungen und Bedürfnissen besonders unberechenbar zeigen. Am Inventar ihrer Kultstätten wird diese Aussage überprüfbar: Tierkadaver, magische Gegenstände und Medizinen, Steine, Pflanzen und Wurzeln, unter besonderen Umständen gefunden, fungieren gleichberechtigt mit den Figuren der Götter, ebenso Gegenstände des täglichen Gebrauchs - Flaschen, Konservendosen und ausgediente Transistor- Radios- zum Beispiel. Es geht um die Bedürfnisse der Götter, die nur eine Einschränkung kennen: sie müssen von Menschen befriedigt werden. Und die Götter des Voodoo sind weitgereist.
Mit der Deportation von Sklaven gelangten sie als die Götter afrikanischer Religionen nach Südamerika und in die Karibik. Dort setzte unter dem Druck der herrschenden Schichten, die die verschleppten Afrikaner zu christianisieren versuchten, über Jahrhunderte hinweg ein zähes Ringen um die geistigen Formen und Inhalte ein. Der christianisierte Sklave wurde als durchschaubarer eingestuft, damit kontrollierbar und im Sinne der neuen Religion dienend, untergeordnet und duldend. In dieser Situation wurde der Voodoo geboren. Die Yoruba-Götter vermischten sich mit den Gestalten der Bibel. Das Ergebnis war eine Umdeutung der christlichen Heiligen, deren Namen heimlich afrikanische Götter erhielten, und deren moralischer Wert auf diese Weise häufig ins Gegenteil verkehrt wurde. Mit Verschleppten aus der Ortschaft Arada in Dahomey, der heutigen Republik Benin, nahm diese Bewegung ihren Lauf. In der neuen Heimat wurden die mitgebrachten Götter in Anlehnung an den Ort ihrer Herkunft »Rada-Götter« genannt. Was als geheimer Protest seinen Anfang nahm - undurchschaubar für die Sklavenhalter -, wurde aufgrund ungeahnter Eigendynamik bald lebensfähig und wuchs.
Europa hat diese Bewegung bis jetzt kaum registriert, Amerika ignorierte sie. Erst heute, da die Statistik von mehr als fünfzig Millionen Anhängern weiß, beginnt die westliche Welt, ausgehend von anthropologischen und religionstheoretischen Untersuchungen des Voodoo in Amerika, dieses Phänomen zu beachten. So konnte auch die Reflexion auf den afrikanischen Ursprung nicht ausbleiben. Die Religion der Yoruba offenbarte hierbei eine faszinierende Geisteswelt, deren Differenziertheit und Intelligenz man bei weitem unterschätzt hatte. Es wurden Götterbegriffe transparent, die an antike Hochkulturen denken ließen.
Der afro-amerikanische Synkretismus fügte zu seinem Erscheinungsbild die Elemente des Surrealen und Skurrilen hinzu. Seine geistige Struktur ist voller Fakten die in Europa notwendigerweise Gegenstand von Grenzwissenschaften sein müssen. Und mit diesem »know how« kam die Voodoo-Bewegung nach Afrika zurück. Rückwanderer, abermals entwurzelt und Fremde in ihrem Ursprungsland, brachten den Voodoo an die Westküste und von dort auch nach Nordafrika. Eine große Religion und ihre Götter kamen nach Hunderten von Jahren wieder: verfälscht, verdeutet, aber lebensfähig und voll leidenschaftlicher Dynamik. Das religiöse Spektrum hatte sich während der Zeit, in der die Götter im Exil waren, auch an der afrikanischen Westküste erheblich verändert. Zwei Weltreligionen, das Christentum und der Islam, drängten nachhaltig mit ihren Botschaften vor. Und selbst der Hinduismus »missionierte« inzwischen. Die Möglichkeit abermaliger Vermischung und Neuerung war gegeben, und der Voodoo nahm sie an. Dennoch ist es für das Verständnis des Voodoo afrikanischer Prägung nützlich, einige Gegebenheiten der Yoruba-Religion zu klären, da ursprungsbedingte Bindungen noch immer bestehen.
Ich will versuchen, die in Voodoo-Kreisen verwendeten Begriffe möglichst authentisch zu gebrauchen. Meine Studien fanden jedoch nicht vor dem Hintergrund einer wissenschaftlichen Aufgabe statt, und erfüllen durch bewußten Verzicht sicherlich nicht die Ansprüche einer strengen Systematik, wissenschaftlicher Genauigkeit und Vollständigkeit. Mir geht es vielmehr um die Annäherung an ein für mich faszinierendes Phänomen, und deshalb werden vermutlich viele meiner jetzigen Aussagen in Zukunft eine Korrektur oder zumindest Erweiterung erfahren müssen.
Die häufig wechselnden Bezeichnungen von Voodoo, Fetisch, Gott oder Geist sind bis zu einem gewissen Grad synonym zu verstehen, wenngleich der Schöpfergott Mawu dadurch nicht angesprochen wird.
Unter Medizin versteht der Voodoo-Anhänger auch magische Gegenstände, die, in Räumen oder an Häusern plaziert, als »Kraftzentralen« gegen negative Kräfte wirken. Hierin ähnelt die Medizin in gewisser Weise den Fetischen, allerdings ist sie niemals Aufenthaltsort für Götter. Niedere Dämonen können sich ihrer bedienen. In ihrer Wirkungsweise sind Medizinen mit Legba, dem Beschützer, zu vergleichen, der nicht zu den Göttern zählt, sondern als außenstehendes Geistwesen lediglich beschützenden Charakter hat.
In den frankophonen Ländern der Westküste Afrikas ist der Begriff »Fetisch« allgemein üblich. Er wird von Anhängern der animistischen Religion und auch im Voodoo gebraucht. In der Tradition der Yoruba Nigerias wird »Fetisch« als Begriff, als Bezeichnung negativ verstanden. In seinem Wesen jedoch ist der Fetisch dem Orisha der Yoruba vergleichbar. Er ist nicht Gott, nicht Mensch, nicht Stein oder Pflanze. Aber er trägt jeweils einen Anteil davon in sich. Fetische können wie Orishas einmal besondere Menschen gewesen sein, deren Identität in die Schöpfung eingegangen ist. Ein Fetisch kann Gott sein, wie er Mensch sein kann; er kann Pflanze, Tier oder anorganisches Ding sein - das kommt auf die rituelle Situation an, die er vorfindet,
Man sagt, dass in früheren Zeiten alle Menschen einen göttlichen Anteil, wie auch umgekehrt die Götter menschliche Anteile besassen. Das Ritual hat die Aufgabe, diese Anteile aufzugreifen und zu verstärken, so dass es dem Menschen möglich wird, zeitweilig göttlich zu sein; der Gott, der gerne Mensch sein möchte, findet diese Möglichkeit im selben Ritual.
Trance ist die Schlüssel-Situation, die herbeigeführt wird, um den Anteil des Menschen am Gott zu verwirklichen. Die Trance verwirklicht aber auch den menschlichen Anteil des Gottes. Wird durch ein Ritual ein Gott herbei gezwungen, so verliert der Tänzer mit Eintritt in die Trance seine Identität zugunsten der des Gottes, der von ihm Besitz ergreift. Dieser heikle Wechsel der Kräfte ist im Voodoo spektakulär und dynamisch, bei den Yoruba kontrolliert und feinsinnig.
Voodoo-Götter können entgegen europäischen Göttervorstellungen vielfach bösartig sein, weil sie alle Aspekte physischer und metaphysischer Existenz in sich tragen. Voodoo-Götter sind Abkömmlinge des Schöpfergottes Mawu, der ganzheitlich, ohne Trennung von Gut und Böse, begriffen wird. Voodoo- Götter haben eine starke Eigendynamik, aufgrund derer sie dem Menschen sowohl helfen als auch schaden können.

Opfer ist nötig, um mit den Fetischen, den Voodoo-Göttern, ein gutes Verhältnis zu bekommen. Der menschliche Aspekt der Voodoo-Götter läßt diese nach Speisen und Getränken, nach Tabak und Parfüm verlangen. Einige wollen das Blut von Opfertieren, andere sind derart vergeistigt, dass Gesänge und Tänze zu ihren wichtigsten Forderungen gehören.
Das Opfer ist Teil des Rituals und beginnt mit der Anrufung der Götter. Da die Wirklichkeit umfassend und nicht in die Bereiche des Physischen und Metaphysischen gespalten ist, hat der Mensch durch seinen göttlichen Aspekt die Möglichkeit, die Schwelle ins Metaphysische zu überschreiten. Das Wissen um diese Möglichkeit gibt dem Voodoo- Anhänger Kraft und Selbstvertrauen.
Susanne Wenger, gebürtige Österreicherin, die seit 1951 in Nigeria lebt und heute eine wichtige Yoruba-Priesterin ist; Verfasserin bedeutender Publikationen über die Religion dieses Volkes; sagt über Früchte und Nahrungsmittel, dass sie vom Standpunkt der Yoruba aus zwar keinen Intellekt, aber einen Meta- Intellekt besässen. Sie sind das Produkt eines Schöpfers, der sich einer höheren Intelligenz bedient. Also tragen sie einen Anteil dieser Intelligenz in sich und können kraft ihrer metaphysischen Qualitäten dem Menschen mit seinen Problemen in der Götterwelt helfen. Magie ist ein wichtiges Element des Voodoo, dessen Priester sich magischer Medizinen bedienen, um Götter zu rufen oder böse Geister zu vertreiben.
Man kennt weiße und schwarze Magie. Weiße Magie dient der Anrufung der Götter, um dem Gläubigen zu helfen. Mit Hilfe von schwarzer Magie sollen gewalttätige Götter wie Hebiesso oder Soboto veranlaßt werden, einen Menschen zu töten, der einem anderen im Wege ist. Die Möglichkeit, über spirituelle Instanzen Mordaufträge zu erteilen, besteht - wenn gleich nur im Falle triftiger Gründe wie Mord, Diebstahl oder Gewalttätigkeit - und wird von Voodoo-Priestern bestätigt. Nicht jeder Tötungsbefehl verwirklicht sich jedoch, denn der zu Tötende kann seinerseits über mächtige Schutzgeister und Fetische verfügen, die den Angriff abwenden.
Das größte Problem, die Götterwelt des Voodoo zu verstehen, lag für mich im Fehlen einer allgemein verbindlichen Hierarchie. Die Voodoo- Priester beziehen ihre Aufträge, Götternamen und Vorschriften für Opfer überwiegend aus Träumen und Trancen. Es gibt zwar generelle Werte und damit auch grundsätzliche Parallelen zwischen den einzelnen Kult- Gemeinden, dennoch ist die Zahl ihrer Fetische und Götter unüberschaubar groß. Hinzu kommt, dass sich Erklärungen ständig widersprechen.
Als mir diese Problematik bewusst wurde, entschloss ich mich, einzelne Kult-Gemeinden zu besuchen, in kleinsten Gesellschaften zu recherchieren und nur Einzelpersonen und Familien, stellvertretend für die kollektive Anhängerschaft, vorzustellen. Diese individuellen Befragungen geben meiner Meinung nach einen deutlicheren Einblick in das Wesen des Voodoo als der Versuch einer Übersicht.
Während sich viele afrikanische Kulte in nachkolonialer Zeit durch verschiedenste Einflüsse zurückentwickelt haben, konnte sich der Voodoo erst nach der Befreiung der afrikanischen Westküste zu dem entwickeln, was er heute ist. Synkretistische Abwandlungen des traditionellen Animismus konnten sich auch während der Jahre intensivster Missionierung halten, jedoch verborgen, in der Angst, den Machthabern unbequem zu sein.
Aus dieser Zeit leitet sich auch die Bedeutung der Geheimhaltung ab. Sie betrifft verschiedene Rituale; bestimmte Götter sind tabuisiert, und die Formeln ihrer Anrufung bleiben der Öffentlichkeit verschlossen. So nimmt das Geheimnis als zentrale treibende und konservierende Kraft die Möglichkeit, allgemeingültige Richtlinien zu erarbeiten, und der Weg zu einer wirklich tiefen Erkenntnis des Voodoo ist dadurch versperrt. Was dem Fragenden als Nachteil erscheinen mag, ist für den Gläubigen ein entscheidender Vorteil, denn die Flexibilität des gesprochenen Wortes, die Möglichkeit der freien Interpretation und schließlich die laufende Anpassung an aktuelle Gegebenheiten verleihen dem Voodoo im Gegensatz zu vielen anderen Religionen einen unbedingten Zeitbezug.
Dabei erstaunt die Kürze der Intervalle zwischen diesen einzelnen Metamorphosen. Begierig versuchen die Anhänger des afrikanischen Voodoo, alles Neue, besonders alles Starke in ihren Kult zu integrieren. Täglich entstehen neue Begriffe und Rituale, Götter werden stündlich geboren, und jede Trance schafft neuartige Aspekte und erweitert das religiöse Geschehen. So wird nebenbei klar, dass der Voodoo als ein Spiegel sozialer Strukturen angesehen werden muß, in dem ständig wechselnd Aspekte der gesellschaftlichen Entwicklung sichtbar werden. Der Wandel des Voodoo, der sich mit den sozialen Möglichkeiten erweiterte und gleichzeitig an Aggression verlor, wird so begreiflich. Im Gegensatz zu Haiti wirkt der in Nordafrika beheimatete Kult äußerst friedlich. Nur wenige Götter werden als »Waffe« gebraucht, und die in Haiti dominierende Vorstellung, dass der Voodoo ein aggressives Machtmittel verkörpert, existiert in Afrika nur in wenigen Gegenden. Eine Entsprechung der Sozialstruktur im Voodoo kann auch für das Cross-Fluss-Gebiet behauptet werden. Der Krieg ist dort noch nicht vergessen, die Folgen von Biafra sind noch immer deutlich spürbar. Der Voodoo dieser Region erfordert daher härteste Regeln: Leichenteile zur Herstellung von Medizinen, Opfer, die nicht selten Menschenblut verlangen, und eine hermetische Abgeschlossenheit gegenüber Nicht-Anhängern.
Auch in Ghana, wo seit Jahren die innere politische Zerrüttung in Verbindung mit einer rückläufigen Wirtschaft die Bevölkerung in Not gebracht hat, spiegelt sich die Angst der Menschen im Voodoo wieder. Kein Zufall also, dass das alles beherrschende Militär in den Kult einbezogen ist, wie schon zur Kolonialzeit, als in der Gegend von Winneba die Asafo-Kompanie-Schreine entstanden, deren Voodoos als Generäle, Soldaten und Polizisten dargestellt werden.
immer wieder begegnet man einer undurchschaubaren Mischung von Ängsten, die das Gefürchtete mit einbezieht, um es zu bannen. Der General wird zum Fetisch, das Opfer zum »psychologischen Trick«, um dem starken und gefährlichen Geist eine der Angst entstammende Freund lichkeit entgegenzuhalten. Im Wechsel der Kräfte hat der General zum einen eine beschützende Funktion, zum anderen genügt es bereits, wenn er sein zerstörerisches Potential nicht gegen die Bevölkerung einsetzt.
Dass die Jahresfeste der Asafo-Kompanie ein karnevalähnliches Spektakel seien, dessen aufreizende Kolonistin der Volksbelustigung dient, ist eine sicherlich zu oberflächliche Auffassung. Voodoo-Kulte im weiteren Sinn gibt es entlang der gesamten afrikanischen Westküste. Unterschiedliche Bezeichnungen können über gleiche Inhalte nicht hinwegtäuschen. In Ghana beispielsweise wird die Bewegung lediglich bei den Ewe östlich des Volta-Deltas Voodoo genannt. Anders in Togo: Hier hat ein für Westafrika relativ stabiles Staatsgefüge die Bewegung zudem offener werden lassen. Während im benachbarten Benin der nachrevolutionäre Präsident Keriköu alle animistischen Kulte und mit ihnen den Voodoo verboten hatte, begegnete der togolesische Führer General Gnasingbe Eyadema den Traditionen und dem Voodoo mit Sympathie. Das hat einerseits zu einer enormen Verbreitung, andererseits zu einer gewissen Befreiung des Voodoo geführt. Die ungehemmte Entwicklung unter den gegebenen Umständen brachte humane Dimensionen in den Kult ein, befreite ihn durch die Gleichberechtigung mit Katholizismus und Islam, aus dem Untergrund und ließ die Voodoo-Anhänger aus ihren Tempeln hervorkommen und die aggressiv-reaktionäre Ebene, in die sie sich verbannt sahen, verlassen. Das führte jedoch auch zu einer gewissen Banalisierung, denn die enorme Basis, auf die sich der Voodoo stützen kann, schließt naturgemäß auch Fragwürdigkeiten mit ein.
Der Alltag dient uneingeschränkt als Ressource für die Rituale. Bierflaschen können zu Göttersitzen umfunktioniert sein, und Dinge des täglichen Gebrauchs finden als Altar-Paraphernalien Verwendung. In diesem Sinne besonders fortschrittlich zeigte sich der togolesische Priester Andre Kunkel, der mit Hilfe eines Telefonapparates mit seinen Göttern in Verbindung tritt. Fotoapparate, Fernsehgeräte und Fahrzeuge sind ins Inventar der »Voodoo-Kirche« aufgenommen. Die Vereinbarkeit scheinbarer Gegensätze und die Tendenz, alles dem Leben Dienende zu assimilieren, hat zu einer beispiellosen Mischung geführt, die auf den Außenstehenden vorerst undurchschaubar wirkt. So kennzeichnen alles einbeziehende Rituale und eine sich ständig regenerierende Geisteswelt das Leben der Voodoo-Gemeinden.
Meine mehrjährige intensive Auseinandersetzung mit dem Voodoo ist von diesem Problem geprägt. Das Fehlen verbindlicher Aufzeichnungen, die bis zur Verzweiflung sich widersprechenden Behauptungen und die Schwierigkeit, hierarchische Strukturen innerhalb der Götter- und Geisterweit zu erkennen, veranlassten mich, den Voodoo als eine Ordnung außerhalb der Ordnung zu definieren. Nicht der Mensch ist es, der die Systeme festlegt und die Regeln niederschreibt, es sind die Götter selbst, die sich während der Trancen melden und informieren. Sie, die Götter, haben die Rituale festgelegt und die Art der Opfer bestimmt. Und so kann schon die nächste Trance neuartige Erkenntnisse und andere Befehle bringen. Das ständige Infragestellen erfordert ein ständiges sich Erneuern. Götter werden von ihren Plätzen vertrieben und durch stärkere ersetzt. Priester geraten in Verlegenheit, wenn die Voodoos durch das Orakel Kritik üben und Veränderungen verlangen. Es kommt zu Zwischenfällen und Aufregungen, Götter werden beleidigt und erzürnt - und bei allen Wechselfällen des religiösen Lebens geht es darum, ein Gleichgewicht herzustellen, das dem Menschen neben den Göttern einen gesicherten und durch sie beschützten Platz garantiert.
Die Gesellschaft setzt bestimmte Zäsuren in der Entwicklung eines Menschen, die als Prüfungen zu verstehen sind. Besteht der Geprüfte, so hat er sich einen Platz in der gesellschaftlichen Hierarchie gesichert. Die Altersklassen sind noch heute in Afrika eine überaus wichtige Institution. Dem alten Menschen wird aus religiösen und sozialen Gründen eingeräumt, dass er weiser und erfahrener als der jüngere Mensch ist.
Deshalb ist die Initiation der Jungen Aufgabe der Alten. Durch sie werden sie zu verlässlichen Mitgliedern der Gesellschaft herangebildet; denn initiiert sein heißt Verantwortung tragen. Individualismus im westlichen Sinne hat sich nur in haltlosen Gruppen entwickelt, die, in nach- kolonialer Zeit entwurzelt und ihrer Identität beraubt, oftmals ein verzweifeltes Dasein führen.
Die Abläufe der Initiation sind so vielfältig wie die Voodoo-Kulte selbst. Aufgreifen möchte ich den Mami-Wata-Kult, einen der aktivsten und farbenprächtigsten, der in seiner Grundstruktur ein Frauenkult ist. So sind die Initianten überwiegend Mädchen, die entsprechend ihrer metaphysischen Begabung sehr früh mit Mami, der Wassergöttin, in Berührung gebracht werden. Trance-Tänze zeigen die Bereitschaft des Kindes und spezifizieren seine Zugehörigkeit zu einem bestimmten Geistwesen. Wird in einer Familie ein Kind als medial veranlagt erkannt, dann ist es die Aufgabe der Priesterin/des Priesters (im Mami-Wata-Kult der Mamissi oder des Mamisso), dieses Kind durch alle Ebenen der Initiation zu führen. Schulungen und Opfer bereiten das Kind vor und stimmen die Götter auf das Vorhaben ein. Häufige Befragungen von Orakeln, die Beobachtung übernatürlicher Phänomene, die in Trancen gewonnenen Erkenntnisse und die Empfehlungen der Alten lassen auf den richtigen Zeitpunkt der Einweihung schließen. Dieser wichtige erste Schritt macht das Mädchen zur Voodoossi. Auf dieser Initiationsebene, für die bestimmte Auflagen erteilt werden, bleibt das Mädchen einige Jahre, bis es in den Stand der Mamissi erhoben werden kann. Eine mögliche Auflage für Voodoossis kann ein Sprechverbot für Sprachen außerhalb der Voodoo-Sprache sein. Skarifikationen werden vorgenommen und Medizinen implantiert. Lange Trancen führen das Mädchen in die Zwischenwelt der Geister und Götter, ein gegenseitiges Abtasten von Mensch und Gott ist initiiert, eine erste intime Begegnung auf einer metaphysischen Ebene, der erste Versuch, vom Beherrschten, zum Beherrscher zu werden.
Die Voodoossis haben viel zu lernen: Beschwörungsformeln, den Umgang mit metachemischen Stoffen, die Wirkungsweise der Opfer, Gesänge und Anrufungen, das Unterscheiden der zahlreichen Rhythmen, die unterschiedliche Voodoos herbeirufen, das Beherrschen einer Trance und das richtige Assistieren, wenn andere im ekstatischen Tanz in Gefahr geraten. Nach Jahren laufender Vorbereitung kann die Gemeinde die Initiation der Voodoossi zur Mamissi verlangen.
Die Einstuhlung, der Vorgang, den der Erhalt des rituellen Stuhls abschließt, ist wiederum von Prüfungen und Ritualen begleitet. Lange Klosteraufenthalte gehen voraus, und am Ende steht eine Wanderung durch die benachbarten Dörfer, während der die sich in Trance befindlichen Anwärterinnen als künftige Mamissis vorgestellt werden. Die in kleinen Gruppen auftretenden Frauen erhalten oftmals geringe Geldbeträge, die für die Gründung des eigenen Fetischhauses und für die damit verbundenen Rituale bestimmt sind.
Die Einweihung zur Mamissi erfolgt in der Regel zwischen dem zwanzigsten und vierzigsten Lebensjahr.


Da ich mich zu wenig auskenne, kann ich nicht für die Richtigkeit diverser Fakten in diesem Text stehen. :sweet
Gwenhwyfar
 

Beitragvon elbeino » Fr 29.Nov.2002 11:29

Den Spruch hab ich mal irgendwo gelesen und fand ihn sehr trefflich:

Die Christen führen Krieg gegen die Moslems;
Die Juden führen Krieg gegen die Protestanten;
Eigentlich fürht jede Religion Krieg mit einer anderen..

Die einzigen die Frieden haben sind die Atheisten und Agnostiker...



Das gibt einem zu denken..
elbeino
 

Beitragvon MisterQ » Fr 29.Nov.2002 13:59

@Gwen: :shock: Und wer soll das lesen??? Und vor allem, bis wann, Frau Lehrerin?!? :asdf:
MisterQ
 

Beitragvon Gwenhwyfar » Fr 29.Nov.2002 14:56

Hä, es zwingt Dich doch niemand, das zu lesen. :mrgreen:
Frau Lehrerin? Na warte. :hammer

Und von Dir erwarte ich eigentlich anspruchsvollere Beiträge. :P
Gwenhwyfar
 

Beitragvon goofy » Mo 02.Dez.2002 03:20

ich habe mal einen Spruch gehört, der sinngemäß so lautete:
"Ehre deinen Gott,
respektiere aber auch den Gott eines jeden Fremden,
der dir gegenübertritt"

dadurch, daß ich mich an diese Regel halte, habe ich mich wohl selbst aus dem Kreis der Christen ausgeschlossen, wegen:

"Du sollst keine anderen Götter neben mir haben"

(die Nummer dieses Gebotes ist gerade entfallen)
goofy
 

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