Bildungspolitik

Für alles andere

Beitragvon Marlies » Do 16.Jun.2005 12:56

Ich brenne fast 400 Euro Studiengebühren pro Semester.
Und dafür finde ich in diesem Saftladen hier nicht mal eine Steckdose für meinen Laptop. Bild
Marlies
 

Beitragvon stephy » Do 16.Jun.2005 13:22

ich bin absolut gegen studiengebühren. das hat folgende gründe: da ich auf lehramt studiere, dauert mein studium ca. 14 semester, das praktikum miteingerechnet. da ich das latinum noch nachholen muß, dauert es ein semester länger. ich habe jetzt (!) schon 2 nebenjobs (prospekte austragen und den job als hiwi, suche derzeit einen neuen nebenherjob; regaleauffüllen, bedienen... ganz gleich was - weil ich den hiwi job ab nächsten monat nicht mehr machen kann) und bekomme hungerlohn bafög. lebe in tübingen, das bafög deckt nicht mal die miete. von zuhause kann ich keinerlei unterstützung erwarten, weil meine eltern selbst kein geld haben. hinzu kommt, daß man, wenn man bafög bekommt, einen gewissen betrag an nebenherverdienst nicht überschreiten darf - der liegt bei mir schon bei 300 euro, dabei bekomme ich gerade mal 190 euro bafög. da wird man in schwarzarbeit regelrecht getrieben.

ich muß mich komplett selbst finanzieren und ich hab schon lang keinen "haben" betrag mehr am ende des monats auf dem konto. eben, weil die bücher kosten, weil das mensaessen auch im monat ca. 50 euro kostet, die miete und alles, was damit verbunden ist (telefonkosten, internetkosten, das, was man alles fürs essen ausgibt. etct.pp.) weil es ausgaben gibt an allen ecken und enden. ich bräuchte dringend neue turnschuhe, meine sind völlig durchgelaufen, aber ich kann sie mir nicht leisten. meine hosen haben alle löcher. ich wette; setze ich mich in die fußgängerzone könnte ich glatt als penner durchgehen. wie zur hölle also, wenn ich mir am ende des monats überlege, ob ich mir eine schachtel zigaretten von meinem letzten geld kaufen soll oder etwas zu essen, kann ich die studiengebühren von 500 euro pro semester aufbringen? das funktioniert nicht. mir wär die möglichkeit gegeben (wenn ich die ganze sache richtig verfolgt hab), einen kredit aufzunehmen (was auch total widersprüchlich ist; hast du kein geregeltes einkommen, darfst du auf der bank nicht mehr als 500 euro überziehen, aber nen kredit kannste fürs studieren aufnehmen...). müßte ich sofort machen dann, geh ich hochverschuldet ins berufsleben. das schreckt enorm ab. zumal ich das bafög ja auch noch zur hälfte zurückbezahlen muß.

ich bin garantiert niemand, der leichtfertig mit geld umgeht. aber ich seh da absolut keinen ausweg für mich und meine zukunft. wenn die studiengebühren kommen, muß ich von der uni runter und eine lehre machen. denn hochverschuldet ins berufsleben gehen will ich nicht.
ich hab immer (teilweise sehr hart) gearbeitet für mein geld, jetzt nimmt man mir die möglichkeit, den bildungsgrad zu erreichen, den ich gerne hätte.

gegen langzeitstudiengebühren hab ich absolut nichts. sind okay. aber; das studium wird für viele in zukunft länger dauern müssen (!!!!), weil die studenten noch mehr arbeiten müssen, um sich ihr studium zu finanzieren (und das bei dem arbeitsmarkt! ich hab mich neulich beim kaufland beworben, muß man jetzt sogar für mini-jobs machen; bewerbungen schreiben mit lichtbild und lebenslauf! der hammer! - und überall hört man; es sieht ganz schlecht aus). es geht ja auch gar nicht anders. und dann rutscht man schnell in dieses "langzeitschema" rein. der witz andererseits ist, daß man nicht zuviel nebenher arbeiten darf. als ich noch hiwi war (bin ich ja noch, aber bald nicht mehr - wegen einsparungen des instituts) mußte ich jedes viertel jahr angeben, was ich neben dem hiwi-job in meinem anderen job noch verdiene. hab ich den sekretär gefragt, warum. sagte der; die uni schaut, daß sie nicht zu viel arbeiten, sonst leidet ihr studium zu sehr drunter.
- wieder ein einziger widerspruch in meinen augen.

ich sehe das so: vielen studenten aus niederen schichten, die einfach keine unterstützung von den eltern bekommen können (aus finanziellen gründen oder welchen auch immer), wird die möglichkeit zu studieren genommen. letzten endes schon, denn die werden's sich zweimal überlegen, ob sie hochverschuldet ins berufsleben einsteigen oder doch lieber eine lehre machen, wo sie auch sofort wenigstens etwas verdienen. die soziale kluft wird sich noch schlimmer auftun. und dann hätten wir wieder die sagenhafte trennung; arm - reich.

hinzu kommt ja noch, daß das ganze geld totsicher nicht für die unis verwendet wird. ist doch alles eine ganz große verarsche vom vater staat.
das arm-reich-gefälle wirds wieder sein, die doktorsöhnchen und -töchterchen werden wieder unter sich sein, die arbeiterkinder auch. tut mir leid, wenn ich das so sagen muß, aber; darauf läufts für mich hinaus, das erzeugt in mir eine stinkwut, ich finde es einfach nur unfair und ungerecht.

ich habe jetzt 4 semester lang studiert. ich komm gut mit an der uni bis auf das latein, aber irgendwann kriege ich das auch noch hin. ich hab sehr gute scheine gemacht - und kann alles wegwerfen, wenn die gebühren mal draußen sind. trotzdem würde ich meine eltern gegen keine reichen der welt austauschen wollen (ist für mich ein sehr emotionales thema, wie wahrscheinlich auch deutlich wird - da kommt in mir einfach sehr vieles hoch, auch privates). wenn der staat also will, daß es so wird, dann muß man sich halt fügen. aber mit gerechtigkeit hat das in meinen augen echt nichts zutun.
Zuletzt geändert von stephy am Do 16.Jun.2005 13:36, insgesamt 1-mal geändert.
stephy
 

Beitragvon Ginny-Rose_Carter » Do 16.Jun.2005 13:34

@stephy: Hm, also in NRW sollen die Studenten, die Bafög bekommen, von den Gebühren ausgenommen werden, soweit ich weiß. Hat Rüttgers zumindest behauptet. <g>
Müsste das dann nicht in anderen Bundesländern auch so sein?
Ginny-Rose_Carter
 

Beitragvon stephy » Do 16.Jun.2005 13:38

es heißt auch, daß die spd-regierten bundesländer keine studiengebühren verlangen. aber weil sie befürchten, daß sie dann von studenten von überallher erschlagen werden, gilt das nur für diejenigen, die dort geboren wurden. und wer weiß, wie lang die dem standhalten können.

hab ich auch davon gehört, daß diejenigen, die bafög bekommen, von den studiengebühren befreit werden können bzw. sollen. aber das ist - soviel ich weiß - nur in diskussion und löst teilweise auch heftigen protest aus, weil andere studenten, die kein bafög bekommen, sagen; es sei unfair.

dazusagen muß man, daß man bafög heutzutage wirklich sehr, sehr schwer bekommt. mir haben sie's brutal zusammengestrichen dieses jahr. weil meine schwester im dritten lehrjahr ist und weil der staat das so sieht; sie ist bald fertig, steigt ins berufsleben ein, also zählt nicht mehr zum teil des haushalts. was der staat vergißt; sie lebt bei meinen eltern, weil ihr dritt-jahr-lehrlingsgehalt absolut nicht für eine miete reicht. ganz zu schweigen von für ein eigenes leben.

man hat mir gesagt, ich könne ja meine eltern verklagen, die seien dazu verpflichtet, mir im monat 300 euro zukommen zu lassen. hab ich so lachen müssen - wie sollen sie das machen; meine mutter ist arbeitslos, mein vater ist "nur" mechaniker und muß eine ganze familie von dem geld versorgen.
stephy
 

Beitragvon ichbin » Do 16.Jun.2005 13:50

Also ich finde Studiengebühren durchaus sinnvoll. Die Art und Weise wie sie hier eingeführt werden sollen allerdings nicht.

- Erst den Unis die Mittel sreichen, dann Studiengebühren einführen ist nicht ok. Mit den neu eingenommenen Gebühren lassen sich die entstandenen Lücken geradeso füllen. Aber was ist, wenn die Bildungsetats weiter gekürzt werden? Dann reichts nicht mehr
- Das Geld sollte auch tatsächlich der entsprechenden Uni, besser noch der entsprechenden Fakultät zufließen. Vielleicht nach der Idee von Fängers "Mischkalkulation". Oder vielleicht so, dass die Fakultäten für ihre eingeschriebenen Studenten die Höhe der Betrags selbst festlegen können.
- Natürlich sollten die Gebühren auch sozialverträglich sein. Hier das Einkommen der Eltern zu Grunde legen finde ich etwas schwierig, das wird schon beim Bafög gemacht und klappt auch nicht so toll. Das "Einkommen" der Studenten zu berücksichtigen ist auch nicht ganz unproblematisch (rein rechnerisch meine ich).

Nachlaufende Studiengebühren wären sicher auch eine Alternative und zinslos natürlich noch am Besten. Einen Kredit für Studiengebühren aufzunehmen ist etwas riskant, weil niemand weiß, ob er eine Arbeitsstelle findet (denn das ist heute nicht mehr so einfach). Aber die Arbeitslosenquote bei Hochschulabsolventen ist weitaus geringer als die bei "niedrigeren" Berufsabschlüssen, bzw. bei den ungelernten Arbeitern.

Alles in allem bin ich also für Studiengebühren, auch wenn es noch keine konkreten Regelungen gibt, wie sie angesetzt und bezahlt werden sollen.

Auch ich werde nicht auf Fängers Kindergartenbeispiel eingehen :P Ich hatte zwar gerade ein paar gute Ideen um dich auszustechen, aber die hätten nicht lange standgehalten. Vielleicht fällt mir dazu später noch was ein. :mrgreen:



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Beitragvon ichbin » Do 16.Jun.2005 14:22




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Beitragvon ichbin » Do 16.Jun.2005 14:31




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Beitragvon Gio » Do 16.Jun.2005 18:41

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Beitragvon ichbin » Do 16.Jun.2005 20:33




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Beitragvon susa » Do 16.Jun.2005 21:13

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Beitragvon das Teufelchen » Fr 17.Jun.2005 07:28

Zuletzt geändert von das Teufelchen am Fr 17.Jun.2005 07:41, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitragvon susa » Fr 17.Jun.2005 07:35

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Beitragvon das Teufelchen » Fr 17.Jun.2005 07:44

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Beitragvon susa » Fr 17.Jun.2005 07:53

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Beitragvon stephy » Fr 17.Jun.2005 13:42

Zitat ichbin:
Die Einkommensgrenze für Studenten liegt bei ca. 4.100 € im Jahr!

Stimmt, die Grenze liegt bei 4200 Euro im Jahr. Doch das ist nicht viel. Rechne das mal auf den Monat um. Wenn Du einen 400-Euro-Job hast, dann kommst Du aufs Jahr umgerechnet auf 4800 Euro, also drüber. Und das wars dann. :schuettel:

Und von 350 Euro plus 190 Euro Bafög muß ich ne Miete von 220 Euro bezahlen, die Mensa für 50 Euro, meine Verpflegung, die Uni-Bücher und die Papers von der Uni, das Semesterticket von an die 37 Euro (mach ich nicht mehr, ich bin gezwungen, jeden Tag zur Uni zu laufen, kann mir das nicht mehr leisten), die Verwaltungsgebühren von 109 Euro...
Also ganz klar; da kommt man drüber. Wenn man nicht schwarz arbeitet auf jeden Fall. Und wenn man keine Unterstützung von den Eltern bekommen kann (!!!!) sowieso. Und dieses Glück hat einfach nicht jeder. Also muß man einen Nebenherjob nehmen. Und allein mit dem Austragen jeden Samstag verdiene ich einen Pendlerbetrag zwischen 70 und 120 Euro. Das reicht nirgendwo hin. Mittlerweile bin ich dazu gezwungen, mir Seminare auszusuchen, in denen wenig Pflichtlektüre verlangt wird (obwohl die viel uninteressanter sind), weil ich mir die Bücher nicht leisten kann. Dazu noch darf man einen eigenen Haushalt was Kosten betrifft nicht unterschätzen; Telefonkosten, Internetkosten (ohne Internet ist man an der Uni sehr aufgeschmissen), Müllgebühren... Kommt alles hinzu. Strom, Wasser... Alles einfach. Und 350 Euro-Jobs gibts nicht.
stephy
 

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