von Kurt Barlow » Do 21.Aug.2014 22:07
Ich war froh, überhaupt mal eine Dokumentation über Stephen King im deutschen Fernsehen zu sehen. Vor einigen Jahren kam ja mal "Shining In The Dark" auf Arte, ging aber nur eine ganz knappe Stunde und war ziemlich durcheinander. Bei Ansicht der neuen Doku darf man nun mal auch zweierlei nicht vergessen: erstens, es ist nun einmal Vox und zweitens: es ist für die Zielgruppe geschaffen, die King nicht in- und auswendig kennt.
Thomas Gottschalk ging in meinen Augen völlig in Ordnung. Den harten Fan nehme ich ihm zwar nicht ab, aber im Rahmen einer Doku, die durch Bildschnipsel und Interviews manchmal Gefahr läuft, steril rüberzukommen, hat er als Auflockerer zwischendurch einen netten, geselligen Eindruck gemacht.
Was ich nicht recht verstehe ist die Kritik daran, dass viel über bzw. aus den Filmen gezeigt wurde. Natürlich ist King dem geneigten Normal-Verbraucher in erster Linie durch seine nennenswerten Verfilmungen bekannt, ergo kann eben genannter Verbraucher auch mal sagen: "Aha, die Szene kenne ich doch. Das ist von King?" Ob er sich nach dieser Feststellung entschließt, das Buch zu kaufen, sei dahingestellt. Aber wenn es um die Visualisierung der Bücher in einer Doku geht, man über einen Autoren berichtet und zig seiner Werke verfilmt wurden, ist es da nicht am naheliegendsten, Szenen aus eben jenen zu zeigen? Was sollte man sonst machen, die Kamera über die Buchseiten fahren lassen? David Nathan in einen Schaukelstuhl setzen und vorlesen lassen? Szenen aus den Büchern mit irgendwelchen Laien gar nachstellen?
Ne, ich fand es schon ganz gut, dass der Verständnisweg der Bücher zum Zuschauer über Filmszenen getätigt wurden.
Grundsätzlich fand ich die Doku sehr nett. Nicht informativ (da müssen wir eben einfach zugeben, eine andere Zuschauerebene zu sein), aber schön gemacht, ohne grobe Fehler. Natürlich fehlt da auch einiges. Wie will man den Dunklen Turm in einer 90min-Doku, die einsteigerfreundlich ist, auch nur ansatzweise irgendwie erklären? Gewundert hat mich nur, dass weder Green Mile noch die Verurteilten Erwähnungen gefunden haben. Stattdessen hat man noch ein bisschen Shining '97 reingehauen. Immerhin hat uns Robert De Niro (die Sprecherstimme) noch gesagt, dass die Neuverfilmung blass sei.
Richtig geärgert hat mich eigentlich nichts (ich weiß ja nicht was manche für einen entlarvenden, fulminanten Tatsachenbericht erwartet haben), aber ein paar Dinge kann und sollte man mal doch anprangern:
1.) Die dokutypische Eigenart von Privatsendern, vor jeder Werbepause die reißerischsten Dinge nochmal anzukündigen - King hat Drogen und Alkohol genommen, 1999 hat ihn ein Betrunker fast umgebracht! Wie wird natürlich nicht gesagt, soll ja spannend bleiben.
2.) Die D-Promis: einem Jochen Bendel muss man zugute halten, dass er wirklich King-Fan zu sein scheint; er trifft fast noch die treffsichersten Äußerungen über Kings Schreibstil. Diese blonde Moderation, die dann zu unheilvoller Musik sagt "Ganz ehrlich? Ich hab ein bisschen Angst vor ihm" muss ja dann doch nicht sein.
3.) Was sollte denn der Quark mit dem Professor und den Gründen, warum wir gerne Angst haben? Eine breit gefächerte, individuelle Kopfsache auf 5min reduziert und mit einer Achterbahnfahrt verglichen. Ich dachte kurz ich sei irgendwie bei Galileo gelandet.
4.) Die Buchbesprechungen und Filmszenen waren an sich nett, aber es wirkte bisweilen so, als hätte man sich anfangs gesagt, dass man jedes Buch mit seiner Verfilmung ausführlich vorstellt und dann war man doch gezwungen, auf die Laufzeit zu achten. Carrie '76 und '13 waren schön miteinander verflochten, Shining wurde dann richtig dick breitgestampft, mit Szenen aus dem Making-Of und allem drum und dran. Und dann? Hier und da mal eine kurze Erwähnung. Die Kuscheltiere werden schnell abgehandelt, wenn sich ein Ereignis aus Kings Leben anbietet, zeigt man schnell ein paar Szenen (Christine, Dreamcatcher, ärgerlich bei Cujo und Misery), anderes verläuft sich im Nichts (King redet kurz über Running Man und Amok, ohne das irgendwas erläuterndes dazu gesagt wird, überhaupt fällt die Bachmann-Geschichte, die für Vox doch eigentlich spektakulär genug hätte sein müssen, völlig unter den Tisch)
Insgesamt wurde ich aber nicht enttäuscht. Ich hatte mich auf einen kleinen King-Abend eingelassen der mir nichts neues sagen wird, sondern nur mit dem bereits Bekannten jongliert, und das hab ich auch bekommen.
I think I'm a Bananatree!
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