Artikel und Berichte über "Der Dunkle Turm"

Die Saga von Roland und dem Dunklen Turm. Bestehend aus Schwarz, Drei, Tot, Glas, Wolfsmond, Susannah, Der Turm und Wind

Moderator: Roland of Gilead

Beitragvon Veit » Fr 08.Okt.2004 09:45

Paßt hier zwar nicht wirklich hinein, aber ich wollte keinen neuen Thread eröffnen....

Und zwar gab es in der gestrigen Ausgabe der "Frankfurter Allgemeinen" einen riesigen Artikel über King und Dark Tower im Feuilleton.
Ich war doch sehr überrascht...habe ihn aber nur flüchtig überfliegen können, da ich in einer Kneipe saß und es irgendwie unhöflich ist sich hinter einer Zeitungswand zu verstecken. Aber es klang alles durchaus positiv und der Vorwurf der Trivialität, wie es ja gerne bei King gemacht wird, wurde soweit ich lesen konnte nie erhoben eher anerkennend und lobend für das Werk gesprochen.... gibt ihn auch --> Geht nciht!! NAja, einfach im Archiv nach Stephen King suchen, dann kommt der Artikel


"Neuer Himmel, neue Erde, freier Westen
Stephen Kings Hauptwerk ist vollendet: Am Romanzyklus "Der Dunkle Turm" hat er drei Jahrzehnte lang gebaut
Mehr als dreißig Jahre und sieben Bücher waren nötig, um diese Geschichte zu erzählen, die kein Western, kein Roadmovie, kein Chanson de geste, ..."


Bis dann...piep!
Veit
 

Artikel der FAZ über den Turm!! (Dank an Veit für den Tip!)

Beitragvon schmix » Fr 08.Okt.2004 15:41

Hab den Artikel der gestrigen FAZ mal "organisiert" (ist unter Umständen ein einziger Spoiler):

schmix
 

Beitragvon Der Barney » Fr 08.Okt.2004 15:56

Danke an Veit, und danke an Schmix! :star:
Der Barney
 

Beitragvon loki » Fr 08.Okt.2004 16:07

loki
 

Beitragvon schmix » Fr 08.Okt.2004 16:33

schmix
 

Beitragvon anaad » Fr 08.Okt.2004 16:35

anaad
 

Beitragvon Nachmittag » Fr 08.Okt.2004 16:53

Nachmittag
 

Beitragvon anaad » Fr 08.Okt.2004 16:57

anaad
 

Beitragvon Nachmittag » Fr 08.Okt.2004 17:02

06. Oktober 2004

Mehr als dreißig Jahre und sieben Bücher waren nötig, um diese Geschichte zu erzählen, die kein Western, kein Roadmovie, kein Chanson de geste, kein sehr langer Reiseroman und kein romantisch-episches Gedicht ist, sondern ein bißchen von alledem.


Ihr Held, ein tapferer, aber auch engstirniger Mann des Rechts, durchwandert Gegenden, die es gibt, andere, die es gegeben hat oder geben wird, und endlich solche, die es nicht geben kann, die wir aber träumen müssen, um uns überhaupt irgendwo zu Hause fühlen zu können: Himmel und Hölle. Roland Deschain von Gilead - kein Sheriff, kein Desperado und kein Artusritter, sondern dies alles auf einmal und mehr - hat den "dunklen Turm" gesucht, die Achse der Welten, Sinnbild der Ordnung aller Epochen, die der Mensch erlebt hat und je erleben wird.

Roland hat davon gehört, daß Weise fürchten, der Turm könnte fallen, die Geschichte an ihr Ende kommen. Er hat sich auf den Weg gemacht, um das zu verhindern, und unterwegs Gefährten gefunden: den ehemaligen Junkie Eddie Dean, die schwarze Schizophrene Odetta/Susannah, den verträumten Jungen Jake, den Priester Père Callahan.

Am Ende ein alter Mann

Am Ende seiner gefahrvollen Fahrt ist Roland ein alter Mann, leidet unter Arthritis, hat die höfisch-ritterlichen Ideale seiner Jugend abgestreift wie Schlangenhaut und Menschen verloren, die ihm lieb waren. Viele Landschaften kennt er jetzt, an alles darin erinnert er sich: an den Geruch von Warenlagern hinter verwahrlosten Geschäften in postindustriellen Trümmerzonen, den Geschmack von Aspirin, Landmaschinen von John Deere und die Vorteile automatischer Waffen vor solchen, die man dauernd nachladen muß.

Moral, Kosmologie und Eschatologie hat ihm die Reise ebenfalls beigebracht, obwohl er davon gar nichts wissen wollte: Wer Freunde und Nachbarn, Brüder oder Schwestern verrät, ist verflucht; Magie kommt den, der sich auf sie verläßt, nicht billiger als harte Arbeit; die Welt geht auch da weiter, wo es keine Menschen gibt, weil sie sich für Menschen viel weniger interessiert, als diese glauben.

Was Geschichte als Sinngebung des Sinnlosen angeht, so erfährt Roland unter Strapazen am eigenen Leib, was eine andere Figur in "Song of Susannah", dem vorletzten der sieben Bände, mehr seufzt als doziert: "Ihr Menschen verurteilt euch selbst, seid ganz versessen darauf. Euer Glaube verläßt euch, und ihr ersetzt ihn durch vernünftige Spekulation. Aber Spekulation bewahrt keine Liebe." Freundschaft und Schicksal: etwas Größeres gibt es nicht, der menschenmögliche Rest ist Handeln nach dieser Einsicht oder Flucht davor.


Die Idee zum Zyklus "The Dark Tower", dem zentralen Textkorpus seiner Laufbahn, kam King, als er gerade eine acht Folgen umfassende Westernparodie für die Studentenzeitung der "University of Maine" verfaßte. Vielleicht, dämmerte da dem jungen Mann, aus dem einer der erfolgreichsten Schriftsteller des zwanzigsten Jahrhunderts werden sollte, hat es mit dem Revolvergenre doch mehr auf sich, als ich bislang dachte. Vielleicht sollte ich keine Witze darüber reißen, sondern mich der Einsicht gewachsen zeigen, daß das Gedenken an die Eroberung der Weite, an die Abenteuer und Gewaltakte, das Unrecht und die inspirierten Taten, die dabei anfielen, den Schlüssel zur dichterischen Chance bietet, das historisch so junge Land, in dem ich lebe, wieder ins älteste zu verwandeln, das die Literatur kennt: ins Land der Verheißung.

Die magische Weltkarte

Stephen Kings magische Weltkarte rund um den dunklen Turm umfaßt und hält nicht nur die mythopoetischen Geographien der wichtigsten Dichter vom Westen wie James Fenimore Cooper, Zane Grey oder Louis L'Amour, sondern auch die musikalischen Sehnsuchts- und Abgeklärtheitsgipfel von Johnny Cash, den "Grateful Dead" oder Neil Young - "Keep on rockin' in the free world", singt die Melancholie - und die majestätischen filmischen Horizonte von Sergio Leone und John Ford. Mehr als ein Rezensent hat darum die Atmosphäre der "Dark Tower"-Romane mit der verglichen, die am Himmel von Fords "The Searchers" (1956) glüht, immerhin das erhabenste Monumentaldrama, durch das John Wayne je geritten ist.
Wenn Amerikaner, die Römer der Moderne, episch dichten wollen, greifen sie am liebsten auf Verse aus ihrem Griechenland zurück, dem viktorianischen Großbritannien. Zweimal schon hat so ein amerikanischer Vergil in Robert Browning seinen Homer gefunden: erst Ezra Pound, der unter dem Eindruck von Brownings "Sordello" die lebenslange Schinderei der "Cantos" auf sich nahm, dann Stephen King, dem Brownings Gedicht "Childe Roland to the Dark Tower Came" viele der Rätsel aufgab, die sein Hauptwerk lösen soll.

Bornierte Fehllektüre

Entgegen einer verbreiteten, bornierten Fehllektüre, die von King nur als von einem steinreichen Drehbuchvorlagenverfasser und Auflagenmillionär weiß, ist und war er stets jemand, der aus allem, also auch aus fremder Literatur, eigene Literatur machen konnte und kann - T. S. Eliot hat im "Dunklen Turm" ebenso Spuren hinterlassen wie L. Frank Baum, Poe und Lovecraft sind allgegenwärtig, Ralph Ellison, Thomas Wolfe und Norman Mailer deutlich zu spüren.
Alle anderen ästhetischen Residuen aber verblassen im Kosmos dieses Autors, der Motorräder, Highways und Schießereien so liebevoll schildern kann, wie sonst nur Hollywoodkameras sie zu filmen wissen, neben dem Ernst, mit dem er den großen Sozialrealisten des neunzehnten Jahrhunderts nacheifert. Und alle anderen Präsenzen jener Vorväter überragt hier Charles Dickens, den er im fünften "Dark Tower"-Buch, "Wolves of the Calla" (2003), den "größten aller Geschichtenerfinder" nennt.

Satirischer Sozialrealismus

Wie bei Dickens im Weihnachtsmärchen oder der Traumszene aus "Hard Times", aber auch wie bei einem anderen Alten aus dem neunzehnten Jahrhundert, dem Honoré de Balzac des "Chagrinleders", findet im "Dunklen Turm" ein scharfer, oft satirischer Sozialrealismus mühelos Anschluß ans Wunderbare, Hypnagogische. Denn wie seine Idole aus der versunkenen Zeit der industriellen Revolution empfindet der postindustrielle Traumchronist King als das Entscheidende einer Fabel deren Moral - und zwar aus außermoralischem, ästhetischem Grund: Sie verklammert nun mal am besten das, was ist - den Realismus -, mit dem, was sein sollte oder was man fürchten kann - der Phantastik.
Coladosen, Rasenmäher, Rockmusik, Langeweile, Übermut, die Schönheiten der Küste von Maine und der Wüste von Nevada, die Artefakte des amerikanischen Optimismus und sehr viel Nostalgie sind die Urstoffe des moralisch-realistisch-phantastischen Teppichs: Oft rührt einen beim Lesen die Deutlichkeit, mit der King sich nach einem Amerika zurücksehnt, das wohl in die Zeit vor Eisenhowers Warnung gehört, bald werde der "militärisch-industrielle Komplex" sich der Geschicke der Vereinigten Staaten bemächtigen und sie in ein weltweites, imperiales Verhängnis stürzen.

Die Erfahrung der Revolte

Die zweite Erfahrung nach jener pastoralen Kindheit, die King nicht vergessen will, sind die sechziger Jahre - nicht unbedingt die der Studentenrevolte, denn King ist kein linker Akademiker, sondern ein "Blue collar"-Amerikaner, ein Volks-, besser: Folkschriftsteller. Aber die Bürgerrechtsbewegung, die mutigen Märsche durch den rassistischen Süden, den Aufbruch unter Kennedy und den Vietnamprotest hat sein Moralistengewissen durstig aufgesogen und zehrt noch heute davon. Natürlich entspricht weder der Paradiesnostalgie noch der erbaulich-christlichen Martin-Luther-King-Utopie heute irgendeine reale "politische Heimat". Aber daß ihr Land nicht betreten werden kann, hat die Dichter noch nie gestört - wo wäre der Kommunismus ohne Brecht?
Die Vereinigten Staaten könnten sich wahrlich auf Törichteres einlassen als darauf, im Wahljahr 2004 von Stephen King neu erfunden zu werden. Ein besseres Bild dessen, was Lincolns "Regierung von allen, durch alle, für alle" sein könnte, als die chaotische, aber freie Stadtversammlung in Kings "The Stand" (1990), wo die Versehrten eines Beinahe-Weltuntergangs einander aufrichten und es noch einmal mit der Demokratie versuchen, hat seit 1968 kein populärer Nichtpolitiker erfinden können.

Das beste Buch seit zehn Jahren

Durch diese Konstante, die Reibung ermutigender und utopischer Traumideen an einer geopolitischen Realität namens Amerika, unterscheidet sich die Riesenerzählung vom dunklen Turm fundamental von allen anderen Fantasy-Großwerken zwischen J. R. R. Tolkien und Robert Jordan. Der letzte Band dieser Riesenerzählung, der soeben erschienen ist und so heißt wie die Serie insgesamt, ist das beste Buch, das King seit mindestens zehn Jahren geschrieben hat; es gibt überhaupt nur ein besseres von ihm, eben "The Stand".
Der Autor, der in den letzten drei Bänden auch persönlich vorkommt, hat erklärt, jetzt, nach Vollendung seiner wichtigsten Schöpfung, eine Weile keine größeren Romanexpeditionen mehr wagen zu wollen. Er sitzt gerade gemeinsam mit seinem Bewunderer Stewart O'Nan an einem vergnüglichen Baseball-Fan-Tagebuch, das im nächsten Frühjahr erscheinen soll. Kings Thema im "Dunklen Turm" aber war das einzige Spiel, das träumenden Amerikanern wichtiger und größer vorkommt als Baseball: der Wettstreit zwischen Gott und dem Teufel um die Seele der Freiheit.
King hat mitgespielt, auf der Seite des Guten natürlich, er hat seine Runde des Spiels gewonnen. Die "beharrlichen Leser" (King), die von Anfang an auf ihn gewettet haben, empfangen jetzt die verdiente Belohnung

Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.10.2004, Nr. 234 / Seite 33
Nachmittag
 

Beitragvon Nachmittag » Fr 08.Okt.2004 17:03

Die Hinweise habe ich mal zensiert, eigentlich sind sie ja relativ wage, vielleicht übertreibe ich ja ein bißchen, da ich ja das Ende schon kenne. Naja aber so sollte es mal sicher sein..
Nachmittag
 

Beitragvon Gwenhwyfar » Fr 08.Okt.2004 17:30

Danke auch von mir zum Reinstellen des Artikels. Las ihn ganz und bin sehr positiv überrascht über die Anerkennung der FAZ von Kings Werk sowie seinen Leistungen.

Und besonderen Dank an Veit, der überhaupt auf den Artikel aufmerksam machte. :remybussi:
Gwenhwyfar
 

Beitragvon susa » Fr 08.Okt.2004 17:35

Stimmt, ich hätte mir auch nicht gedacht das eine Zeitschrift, die den Anspruch "ernsthaft" zu sein, sich so positiv über einen "Trivialautor" wie King äißert.(man beachte bitte die " " )-
Danke fürs Reinstellen. :sweet
susa
 

Beitragvon Der Barney » Fr 08.Okt.2004 19:04

Der Barney
 

Beitragvon torsten » Sa 09.Okt.2004 03:54

Muss euch Recht geben - dass eine Zeitung wie die FAZ zunächst mal einen großen Artikel über King schreibt, ist überraschend, von der Seriösität, mit der man King und DT VII behandelt hat (zu Recht) ganz zu schweigen. Und in einem Punkt muss ich dem Bericht zustimmen, nachdem ich die englische Version von DT VII so gut wie fertig gelesen habe: Dies ist Kings bester Roman seit zehn Jahren!
torsten
 

Beitragvon Der Barney » Sa 09.Okt.2004 04:08

Der Barney
 

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