von Geronimo » Sa 13.Nov.2004 09:43
"Irgendwie hatte ich ja gedacht, meine Stephen King Phase wäre vorbei. Das letzte Buch von ihm konnte ich nicht zu Ende lesen, ich fands schon nach wenigen Kapiteln einfach nur eklig (Duddits). Aber ich gebe zu, ich habe sämtliche Bücher von ihm....bis auf ein paar, die mich allein schon vom Titel her nie angemacht haben. Jetzt guck ich letztens bei meinem Buchdealer auf die Seite, klick auf die Top Ten und entdecke das Buch "Wolfsmond". Hab ich dann auch bestellt...der Titel hat mich nämlich angemacht. (...)
Nu kommt das Buch bei mir an, ich les mir das Cover durch und schnalle ziemlich schnell, das ich das 5. Band einer Geschichte in den Händen halte. Und nu ratet mal, welche Bücher ich immer gemieden habe? Genau, die ersten 4 Bänder.
Um es kurz zu machen: Ich hab mir Band eins gekauft, verschlungen und dann Band zwei + drei regelrecht gefressen. Herr King hat es also wieder geschafft...ich bin in seinem Bann und krieg nicht genug.
Gibt es hier noch andere Süchtige? Wer mag mit mir über Revolvermänner, eine verschobene Welt und andere echt schräge Sachen reden?"
Das hat Boogy76 im Medienforum (ioff.de) geschrieben, und ich MUSSTE einfach antworten:
ICH mag!!!
Lustig, bei mir war's auch "Duddits", das mich dermaßen ernüchterte, dass ich keinen Bock mehr auf King's Geschichten hatte und dachte, da kommt nichts mehr.
Dann fielen mir durch einen Zufall "Sara" (Bag of bones) und "Atlantis" in die Hände, und ich war wieder süchtig.
Den ersten Band der Reihe Der dunkle Turm, "Schwarz" hab ich im Erscheinungsjahr der deutschen Übersetzung gelesen, und ich weiß, dass mich die Geschichte im Unterschied zu anderen King-Erzählungen (bis auf das Finale dieses ersten Bandes mit Jakes Absturz in die Tiefe und Rolands Begegnung mit dem Mann in Schwarz an der Schädelstätte) ziemlich kalt gelassen hat. Der Band war etwas zäh, nicht einfach zu lesen und teilweise von einer derart trostlos-morbiden Atmosphäre, dass ich eher abgeschreckt war.
Als dann aber ein paar Jahre später "Drei" erschien, war ich neugierig, und die Story bekam dermaßen Drive, dass ich gefrustet war, als ich den Band durch hatte und nicht weiter lesen konnte. "Tot" mit seiner apokalyptischen Vision von New York und diesem wahnsinnigen Zug mit dem total irren Namen Blaine war dann ein erster Höhepunkt der Reihe, der für mich kaum noch steigerungsfähig schien. sch..., war ich wütend, als King mitten im Duell mit Blaine abbrach! Der fieseste cliffhanger in der Geschichte der Literatur.
Und dann - wieder Jahre später - "Glas". Beim ersten Lesen kam ich nicht über die ersten zweihundert Seiten hinaus. Bis zur Entdeckung des Glaspalastes an der Interstate fand ich die Story noch interessant, doch dann hatte ich einfach keine Lust, in die Vergangenheit Rolands nach Mejis zu reisen, und ich legte den Band beiseite.
Nachdem ich irgendwann nach "Duddits" alle meine King-Bände verschenkte (und inzwischen wieder fast alle neu gekauft habe, ja!) und ihn dann wieder entdeckte, nahm ich mir auch "Glas" nochmal vor. Ich hatte in New York den Originalband in Händen, und das Artwork begeisterte mich dermaßen, dass ich rein blätterte (by the way: die deutschen Ausgaben sind im Unterschied zum amerikanischen Original so lieblos gestaltet, dass es weh tut), dann mitten auf dem Times Square zu lesen begann und im Flugzeug Tränen in die Augen bekam, weil ich nie zuvor eine schönere Liebesgeschichte gelesen habe als die von Roland und Susan Delgado -[spoiler] und ich kann ihm bis heute nicht verzeihen, dass sie am Ende sterben mußte.[/spoiler] Mejis, Mejis...alleine der Klang des Namens dieses Baronats! Wow. Die Hexe vom Köos - kann es eine schlimmere Hexe als diese geben? Und King konnte nie überzeugend und einfühlsam über Sex schreiben...bis zu diesem Band! In "Glas" ist ihm einfach alles gelungen. Das war für mich der bislang größte Wurf dieser Reihe 'Der dunkle Turm', und weder "Wolfsmond" noch "Susannah" konnten dieses Leseerlebnis für mich toppen. Das soll nicht heißen, dass die Folgebände schlechter waren - Quatsch! Aber die Intensität der Beziehung Susan Delgado/Roland kam so stark rüber, dass "Glas" für mich zum zentralen Band der Reihe geworden ist. Ja, und jetzt erscheint allen Ernstes der letzte Band dieses Epos, und nachdem es King in "Susannah" sogar gelungen ist, sich selbst in die Handlung mit einzubauen, ohne dass es lächerlich wirkte, kann wahrscheinlich nichts mehr schief gehen - egal, was kommt. Aber ich erwarte etwas Durchgeknalltes, etwas, das schillert wie Baz Luhrmann's "Moulin Rouge", und das wird genauso viele Menschen enttäuschen wie begeistern. Aber ich liebe "Moulin Rouge", darum werde ich auch den letzten Band "Der dunkle Turm" mit großen Augen verschlingen.
BeautifulExperience