Mal wieder meine Amazon-Rezension mit anschließendem Zusatz:
Ein "Wow" wird man sich nach diesem Buch nur schwer verkneifen können. King zeigt hier in alle Deutlichkeit seine Stärken, er protzt damit schon fast: Großartige sympathische Charaktere werden geschaffen, selbst die Antagonisten werden vom Leser im Nu ins Herz geschlossen. Die Geschehnisse sind allesamt sehr bewegend, ich war am Ende zutiefst gerührt.
Zur Handlung möchte ich nicht viel sagen, nur, dass sie für die doch recht gemächliche Geschichte denoch ziemlich spannend ist. Da das Werk ursprünglich in sechs Teilen veröffentlicht wurde, findet sich an jedem Ende eines Teils ein besonderes Ereignis oder ein Cliffhanger, die dem Roman unglaublich viel Fahrt verleihen.
Auch beim Schreibstil überzeugt King , man möchte fast gar nicht meinen, dass dies überhaupt ein King sei, wo doch seine üblichen Stilmittel fehlen, wie etwa die vor Schreckenswörtern nur so strotzende Erzählweise oder in Klammern und Kursivdruck mitten in den Satz eingefügte Gedanken der Figuren. Stattdessen versetzt sich der Autor perfekt in seinen Ich-Erzähler hinein, somit wird die Handlung sehr geruhsam und ausführlich vermittelt, wobei jedoch ein jedes Detail die Atmosphäre verdichtet und dem gesamten Werk, vor allem aber seinen Charaktern, viel an Halt verleiht. Nicht weiter überraschend, da King dieses Stilmittel schon in anderen Werken perfekt umsetzt, ist zudem die Symbolhaftigkeit, mit der er zum Ziel gelangt, vor allem trifft aber die sprachlich an die Handlung gebundene Emotionalität perfekt ins Schwarze.
Ich habe mittlerweile beinahe jedes Buch von Stephen King gelesen und kann deshalb ohne schlechten Gewissens sagen, dass "The Green Mile" eins seiner besten Werke ist. "The Green Mile" ist ein kraftvolles Plädoyer für Gerechtigkeit, Offenheit, die Liebe und das Leben.
Dieses Buch hat mich wirklich sehr bewegt, auch wenn leider nicht so sehr, wie andere Bücher von King. "Es" hat mich etwa noch mehr gerührt, dennoch macht der Tränen-Drück-Faktor einen großen Pluspunkt bei diesem Buch aus. Somit sieht man auch gerne über einige Schwächen hinweg, so war mir die Handlung beispielsweise ein wenig zu vorhersehbar:
Natürlich ist John Coffey nicht der Mörder der zwei Mädchen. Wobei ich die Erklärung mit dem Knoten aber ziemlich dämlich fand, weil muss denn auf ein Sandwich unbedingt Wurst drauf? Die Erklärung war ja, dass er es nicht gewesen sein kann, weil er die Wurst von seiner Schnitte abgemacht haben müsste, um sie wieder einzupacken, hätte er aber den Knoten zumachen müssen. Aber er hätte doch auch einfach so lose ein bisschen Wurst mit sich führen können.
Viel zu offensichtlich war natürlich auch, dass ausgerechnet der andere Gefangene, Wild Bill, dann plötzlich der Mörder ist. Es hätte gereich, wenn Coffey unschuldig ist, doch den Schuldigen unbedingt so nahe zu präsentieren fand ich absolut lächerlich.
Auch die Fantasy-Elemente haben mir wenig gefallen, so etwa die Heilung von Moores' Frau.
Im KingWiki habe ich leider nichts über Kings Meinung zur Todesstrafe gelesen, dort war man sich ja sehr uneinig. Ich finde die Kommentare vom Ich-Erzähler dahingehend sehr unangebracht, denn meiner Meinung nach hat kein Mensch den Tod verdient, egal was er jemanden angetan hat. Dazu sind Gefängnisse doch schließlich da. Die Todesstrafe ist ein schreckliches Verbrechen, das
nicht Verbrechen auf humane Weise rächt. Das war auch noch ein kleiner Negativpunkt, mit diesem Thema hätte man ein wenig sensilber umgehen können.
Delacroix war übrigens mein absoluter Liebling, ich fand die Stelle sehr traurig, als er hingerichtet wurde. Dieser Mann war vollkommen sympathisch, vielleicht konnte ich mich auch einfach mit seiner leichten Außenseiterart durch geringe Körpergröße und seltsame Sprache identifizeren. Es ist komisch, dass er eine Frau vergewaltigt haben soll, ich hatte immer das Gefühl, er habe ein großes Herz.
Alles in allem ein wirklich guter Roman, die Verfilmung werde ich mir aber wohl glaube ich nicht ansehen, ich denke, dass sie einiges an meinem positiven Eindruck zunichte machen könnte.