20.08.2003, 02:54

SPOILER (vorsichtshalber schon mal gesetzt !)
Nun gut. Also, ich habe erst kürzlich mit einem befreundeten Pärchen die 30 Serienfolgen gesehen, der Film folgt in den nächsten Tagen. Ich sah' sie nun schon bereits zum 7. mal in gesammter Länge und kann mit Fug und Recht behaupten, das sie mich nach wie vor immer noch fasziniert und ich immer wieder neues entdecke. Der Gesammtkontext und die Komplexität der Geschichte gehen weit über das einfach verständliche und Erfaßbare hinaus; "Twin Peaks" zu schauen ist fast schon selbst ein mystischer Prozess. Die Serie beinhaltet zunächst mal für jeden etwas. Sie ist Soap - Opera, Krimi, Thriller, Horror, Komödie und Science Fiction zugleich. Sie spielt mit unser aller (TV -) Sehgewohnheiten und verhakt sich durch zunächst oberflächliches schauen ganz schnell in unserem Unterbewusstsein. Und schon stecken wir mittendrin in einer Welt voller Intrigen, Liebe, Haß, Mystik und Magie. Durch die "unschuldigen" Augen eines zunächst reinherzigen FBI - Agenten namens Dale B. Cooper werden wir Zeuge einiger bizarrer Ereignisse die sich so in die von uns als "normal" bezeichnete Welt einschleicht und in der Figur der "schuldig" gewordenen Laura Palmer ihre Nemesis findet. Es geht in dieser Geschichte in ihrer ganzen Komplexität vor allem um die Neigungen zum Guten wie zum Bösen die in uns allen stecken und dem Drahtseilakt, den sowohl wir in unserem realen Leben als auch die Protagonisten in dieser Serie vollführen (müssen), und der letztendlich darüber entscheidet, ob wir ins Dunkel fallen, nur schlingern oder sicheren Mutes diesen schmalen Grad überschreiten, hinüber zur anderen (helleren) Seite. Es wird in der Quintessenz auch keine andere Geschichte als im "Herr(n) der Ringe" oder "Star Wars" erzählt; nur wesentlich subtiler und tiefgründiger, mit der richtigen Mischung aus Fantasie und Realismus. (Allerdings bleibt einem bei knapp 23 Spielstunden plus 2 1/2 Stunden Kinofilm auch genug Raum, solch eine Tiefgründig- und Mehrdeutigkeit zu erreichen.)
Das gute wird durch die "weiße Hütte", das Böse durch die "schwarze Hütte" symbolisiert. Die beides in sich tragenden Boten und Hüter dieser beiden reinen Wahrheiten sind die Eulen in der Außenwelt und der "Zwerg" in der Innenwelt, dem "roten Raum". (Der Raum, der gleichzeitig auch das psychisch fassbares Symbol für die "weiße- und schwarze Hütte darstellt.) Das Böse manifestiert sich in der Gestalt des (Wald) Geistes "Bob, der sich jederzeit ein Lebewesen als Wirt zur Durchführung seiner Ziele bemächtigen kann". Das Gute in der eines "Riesen", der überwiegend in Visionen, aber auch in diversen Gestalten ("greiser Zimmerkellner",) auftaucht. Im Laufe der Handlung (die sich, änlich späterer Werke Lynchs wie z . Bsp. "Lost Highway" in einer Art Elipse entfaltet, zählt man den Kinofilm "Fire Walk With Me" zu ihr hinzu) machen sämtliche Figuren immense Wandlungen und Methamorphosen durch; vom Guten hin zum Bösen oder umgekehrt. Der Hang zum Bösen überwiegt (für eine TV Serie mehr als ungewöhnlich) letztendlich, und das negative Umfeld, welches durch sämtliche Haupt- und Nebenfiguren in der finalen TV - Folge erzeugt wird, trägt letztendlich dazu bei, das der ehemals "reinherzige" Dale B. Cooper, gezeichnet von Wunden und Ängsten, dem Bösen anheimfällt und uns, den Zuschauern, äußerst unbefriedigend und schmerzlich zu der Erkenntnis verhilft, wie schmal diese Linie zwischen Gut und Böse nun wirklich ist. Eindringlicher und verstörender wurde dieser Konflikt meines Erachtens sowohl in der TV- als auch in der Filmgeschichte niemals dargestellt.
SPOILER ENDE
Man könnte noch seitenweise so weiterschreiben. Dies hier ist ein kläglicher Versuch, all die Komplexität dieser einzigartigen und die TV - Landschaft revolutionierende Serie zu erfassen oder ihre Essenz zu erforschen. Fest steht, das das Fernsehen nie mehr das selbe war wie zuvor. Und eine solche Quallität wird es nur schwehrlich wieder erlangen. Manche TV - Anstalten, wie damals RTL und nun wieder Kabel1 scheinen dies einfach (nach 14 Jahren) immer noch nicht begriffen zu haben und strahl(t)en nur einen Serien - Torso von 24 bzw. 17 Folgen aus. Aber Geistreich waren gerade die hiesigen TV Privat - Anstalten ohnehin noch nie. Da lob' ich mir einen Sender wie PREMIERE, der die gesammte Serie (inklusive Kinofilm) bereits mehrmals in erstklassiger Quallität ausgestrahlt hat und sich dessen, das solche Serien wie "Akte X" ohne "Twin Peaks" gar nicht erst realisiert worden wären, äußerst bewusst ist.
Wer sie nicht kennt sollte dies auf jeden Fall schleunigst nachholen. Ihm/ihr entgeht sonst ein magisches Stück Fernsehgeschichte und einige der bemerkenswertesten und liebevoll gezeichnetzten Charaktere in Film und Fernsehen überhaupt.
Zuck.

P.S. Das Schöne ist, das sowohl die Serie als auch der gedrehte Kinofilm und die beiden zur Serie verfassten Bücher Teil eines komplexen Ganzen sind und sich fabelhaft ergänzen. In all diesen Medien bekommt man genug Indizien die ausdrücklich darauf hinweisen, das die Geschichte ihre Vollendung (oder ihren Anfang

