Gestern beendet. Meine Erwartungen waren nach Finderlohn wieder etwas höher; sicherlich keiner der besten King-Romane, aber doch ganz nett und spannend.
End Of Watch (oder Mind Control... super, Heyne) ist auch ganz spannend, hier und da sogar unterhaltsam, aber meine Güte, bin ich froh, dass diese Trilogie damit abgeschlossen ist.
Dass King nun doch allerhand Übernatürlichkeiten in die Reihe bringt, kann man sehen wie man will. Sicher war es die naheliegendste Steigerung und die einzige Möglichkeit, Brady wieder ins Spiel zu bringen. Dass King aber dieselben merkwürdigen Entscheidungen macht wie bei den beiden Vorgängern, besonders Mr. Mercedes, erschließt sich mir einfach nicht. Die besondere Spannung geht von Anfang an flöten, da wir Brady bei seiner kompletten Genesung, Entdeckung der Fähigkeiten und Körperübernahme begleiten dürfen. Im nächsten Kapitel rätseln Hodges und seine Gefährten über eine Sache, die wir im Abschnitt davor bereits hautnah miterlebt haben. Auch wenn die Abschnitte mit Brady sicherlich die besten Szenen des Buches sind, warum konnte King den Leser nicht einfach mal auf eine andere Warte schicken als auf die des allessehenden Zuschauers, dem jede Überraschung aberkannt wird? Was, wenn Hodges sich durch seine Krankheit und seinen Ehrgeiz einfach erhoffen würde, dass Dr. Babineau Brady ist, damit er mit diesem Kapitel abschließen könnte, und er am Ende vielleicht gar einen Unschuldigen erschießen würde? Da müsste man keinerlei Spuk reinbringen, und die Reihe würde mit einem pessimistisch-harten Thriller enden.
Aber nein. Brady überträgt sich mittels einer Spielkonsole in andere Körper, nennt seine Marionetten Z-Boy und Dr. Z... Um Himmels Willen, King konnte mal Ratten im Keller und eine besessene Wäschemangel anschaulich und unheimlich beschreiben, und ein Finger im Abfluss als auch ein laufendes Kindergebiss waren immer noch so ironisch und absurd, das es einfach Spaß gemacht hat, das zu lesen. Mind Control schlägt da zwar in dieselbe Kerbe (Das Nicht-unheimliche unheimlich machen), verfehlt in meinen Augen aber das Ziel komplett. Abgesehen von dieser furchtbaren Vorhersehbarkeit, die Kings meiste Werke seit dem Beginn des Jahrzehnts kennzeichnet. Natürlich greift King hier kaum in die "Unerwartete Wendung"-Kiste, und wenn er es macht, dann hat es keine weiteren Konsequenzen. Sterben darf nur eine Figur, die erst kürzlich nur angerissen wurde. Jegliches Drama wird im Keim erstickt, wenn die junge Barbara durch die Hand ihres zukünftig ersten Freundes (oh je) davor bewahrt wird, allzu schlimm angefahren zu werden. Brady schlägt Holly mit einem Gewehr ins Gesicht, dass "es knackt" - 10min später ist natürlich sie es, die zum perfekten Zeitpunkt aus ihrer Bewusstlosigkeit aufwacht und Brady in die Flucht schießt. Könnte es jetzt doch noch zu einem Unhappy End kommen? Nein, denn Jerome, der Schablonencharakter C, kommt zur rechten Zeit mit schwerem Gerät angerollt und fährt über Brady rüber. Überhaupt, Brady, ein gerissener Charakter und Bösewicht, der 470 Seiten lang seine Rache plant und alles genau berechnet, wird letztlich innerhalb von 15 Seiten wie ein Slapstick-Charakter schachmatt gesetzt.
Während mir Hodges mittlerweile einigermaßen ans Herz gewachsen ist, bleibt Holly die nervige Co-Moderatorin, die immer mal wieder zwischendurch ein arg "unbekanntes" Filmzitat oder Filmtrivia zum Besten gibt. Jerome hält sich erfrischend zurück, auch wenn er nur noch als unnützes Begleitmaterial (unnötiges Ende ausgeklappt) agieren darf und am Ende doch wieder sein Massa-Gequatsche an den Tag legt - wann? Wenn Hodges die rettende SMS seiner Tochter betrachtet, die ihm alles Gute zum 70. wünscht, was natürlich alle Beteiligten vergessen haben und das Happy End in bunt-lustige Farben taucht. Dass der Mann am Ende doch noch seinem Krebsleiden erliegt, ist zwar traurig, aber notwendig, um dem Buch wenigstens etwas Dramatik zu geben.
Mr. Mercedes war damals eine kleine Enttäuschung, Finderlohn wiederum eine Steigerung... leider ist Mind Control der hanebüchene Abschluss. Bis auf einige Brutalitäten bewegt sich die Reihe trotzdem im Sonntagnachmittag-Krimibereich - keine RIsiken eingehen, die Guten entgehen jeder Misere, der Böse darf auf wenigen Seiten besiegt werden. Wenn das Ganze tatsächlich mal verfilmt werden sollte, hoffe ich auf einige düstere Umänderungen.
Mind Control < Mr. Mercedes < Finderlohn