02.06.2009, 23:23
KingThug schrieb:Schreibtechnisch sehe ich dieses Buch als eines von Kings besten überhaupt an. Die Drohkulisse wird super aufgebaut, so dass kaum Langeweile beim Lesen entsteht."dead zone" ist schreibtechnisch eines von kings besten werken?
sorry, aber wer von literatur-theorien auch nur einen ansatz von ahnung hat, wird dir dies beim lesen in jedem kapitel widerlegen können.
das teil ist ende der 70er jahre entstanden, deswegen wollen wir mal nicht so drastisch bei der bewertung sein. klar, die grundidee hat extrem viel potential; einfacher mann aus der unteren mittelschicht, der die düstere version hat, dass ein kongressabgeordneter aus new hampshire den dritten weltkrieg auslösen wird. hat mir von der inhaltsangabe auch zugesagt. ebenfalls vielversprechend empfand ich den anfang der geschichte (jahrmarktsbummel, die beziehung zu sarah, die maske, etc.).
aber alles was danach kommt hat mit erfinderischer gestaltung der charaktere und des plots, der entwicklung spannungsbogens und einem geordneten schlusstwist nichts zu tun. die handlung ist bemüht, die dialoge plump und an banalität kaum zu überbieten; der gesellschaftskritische bezug, welcher durch die gedanken der zentralfigur immer wieder kehrt ("sollte man hitler töten, wenn man mit der zeitmaschine ins jahr 1932 reisen könnte?"), bietet keinerlei anreiz zum nachdenken. auch ist der charakter john smith in seiner farblosigkeit und zweidimensionalität niemand, mit dem man sich identifzieren könnte. kommt der junge lehrer auf dem jahrmarkt noch sympathisch naiv daher, ist seine entwicklung nach dem erwachen aus dem koma kaum nachzuvollziehen. viele reaktionen sind unverständlich (z.b. die flucht nach phoenix, nachdem johnny das abfackeln von chucks abschlussklasse vorhergesehen hatte) und seine überzeugung, ein attentat zu begehen wird überhaupt nicht plausibel erklärt oder begründet. da hilft es auch nichts, dass der doc, die eltern und sarah als statisten insgesamt authentisch und realistisch erscheinen.
der antagonist ist in seiner figur genial, zumindest für kings verhältnisse der damaligen zeit. heute hätte er greg sicherlich mehr aufmerksamkeit gewidmet und seine biographie und seine kranke psyche mehr in den fokus gerückt (und stattdessen auf den langweiligen part von johnnys gehversuchen nach fünf jahren abstinenz verzichtet). so aber bleiben die einzelnen querverweise auf gregs vergangenheit für den weiteren verlauf nutzlos - wie letzten endes auch die ganze resthandlung an sich.
positiv herausheben lässt sich der zeitgeschichtliche kontext. das amerika der 70er jahre (die erste ernergiekrise, watergate-affäre, inflation, kalter krieg, generationskonflikte, etc.) wird praktisch parallel zur alibi-story beschrieben, was immer wieder interessant ist, da politische begebenheiten von damals bezüge zu heute bilden lassen (vietnam - irak, kampf der atommächte - internationaler terrorismus, etc.).
viele haben hier die melanchonische grundstimmung hervorgehoben. mir ging das im subtext völlig verloren. ich fand, dass "dead zone" atmosphärisch keinerlei dichte bot und dass das minimum an spannung sich einzig und allein aus der eher lahmen frage zog, ob johnny am ende sein ding durchzieht oder nicht. das reicht natürlich nicht für einen unterhaltsamen roman und so reicht sich "dead zone" in die eher schwächeren romane kings ein, wie sie in den 70ern ja häufig zu anzutreffen sind (carrie, brennen muss salem, etc.).