27.11.2006, 22:31
*Geraldo* schrieb:...sollte aber auch zum Pflichtfach in Schulen werden.
Halte ich für einen sehr guten Gedanken

Ansonsten würd auch ich mich Tiff anschließen.
Habe selber übrigens auch in der 7. Klasse schön rumgeballert, und meine nicht, dadurch aggressiver geworden zu sein. Allerdings würde ich jetzt wohl nicht mehr so unbefangen an das Spiel rangehen - als Kind reflektiert man weniger, daher ist man auch nicht in der Lage, die "Pixelfiguren" mit realen Menschen in Verbindung zu bringen, oder über die eigene Handlung und die Bedeutung des Spiels "Menschen töten" nachzudenken. Es ist selbstverständlich, dass man in "Command & Conquer" Atombomben abwirft, aber selber nie zur Bundeswehr gehen würde. Darin liegt auch überhaupt kein Widerspruch. Das eine ist die Welt des "Spiels", möglichst spannend gestaltet - dazu gehören ALLEM VORAN die Elemente Kampf, Tot und Realistik. Das andere ist die reale Welt, und da verhält man sich völlig anders.
Mittlerweile würde ich aber nicht mehr Atombomben werfen oder als Terrorist ne Bombe legen. Das ist für mich nicht witzig, und ideologisch gesehen auch nicht sinnvoll für ein Spiel.
Ich halte daher aufgrund von eigener Erfahrung spiele wie Counterstrike SELBER nicht für gefährlich. Man spielt auch Cowboy und Indianer und erschießt sich mit Wasserpistolen, da sagt ebenfalls niemand was. Paradoxer Weise finde ich es fast harmloser, je jünger die betroffene Person ist - ebenso, wie ein 5-Jähriger mit einer Spielzeugpistole und Schwertern rumlaufen darf, ein 25-jähriger mit gleicher Affinität zu Waffen/Pistolen mir aber unheimlich ist.
Die wirkliche Gefahr findet sich eher im fehlenden Ausgleich. Das ist natürlich klar, ich meine aber nicht einfach nur ein gesundes Familienumfeld (bzw. natürlich schon, aber nicht nur das), sondern die Medien.
Damit wäre man beim Thema, das Geraldo angesprochen hat.
Ich selber denke nämlich, dass ich zwar keinen Schaden davon getragen habe - aber geistig mehr gewachsen / weniger abgestumpft wäre, wenn ich in einer anderen Generation gelebt hätte, die nicht so Digimon-RTL2-Computer-Fernsehbelastet war. Die unglaublich rasante Entwicklung der Medien ermöglichen eine unüberschaubare Auswahl... an Trash. Da mag man auch ruhig mal reingreifen. Aber dabei nicht den sich entwickelnden Sog unterschätzen.
Wie Tiff es beschrieb - die Jugend wird respektloser. Werte verlieren an halt, Bildung geht verloren, Kunst wird unterschätzt, Ideale gehen unter. Statt einem geliebten Spielzeug liegen nun 120 davon im Zimmer rum, zu keinem gibt es jedoch einen besonderen Bezug. Es läuft rund um die Uhr Schwachsinn, wenn man ihn denn sehen will, und niemand warnt, dass dieser verdummt oder abhängig macht. Vorm Fernseher oder Computer rumhängen und sich visuell zudröhnen lassen, ohne SELBER eine kreative Leistung zu erbringen:
- macht träge und faul
- behindert die Entfaltung von Kreativität
- fördert durch vorgegebene Programme/Spiele ohne moralische Intention den Werteverfall.
Denn wo man hinschaut ist Trash, Geiz ist Geil, alles Neu, in tausend Varianten. Und es ist nicht aufgrund von Überzeugung entstanden, sondern weil der "Produzent" weiß, was er produzieren muss, damit der "Konsument" brav aus dem Napf fressen wird. Und dieser lernt nicht zu hinterfragen und verfällt in Muster.
Für mich ist klar - ein Mörder in der heutigen Generation spielt auch "Killerspiele" (Bitte als Synonym sehen für aggressive Musik / Kleidung, Splatterfilme, brutale Computerspiele... whatever), aber wer "Killerspiele" spielt, wird nicht zum Mörder. Wer von vornherein Gewaltpotential hat, kann es dadurch verstärken oder findet darin eine Möglichkeit, aufzugehen. Wer keinen Ausgleich bekommt, wird, wenn nicht aggressiv, dann aber verblödet und verliert an Kreativität und Antriebskraft.
Wendy hat vollkommen recht - es kann für eine Gesellschaft nicht gut sein, wenn sie sich gegenseitig virtuell erschießt. Rein rational ist es für mich unmöglich, einen Sinn in der geistigen und virtuellen Ausübung von Gewalt zu sehen. Es macht zwar nicht zum Mörder - aber es Behindert bei der Entfaltung.
Und deshalb finde ich den Gedanken von Geraldo, ein Fach wie "Medienwissenschaften/-wirken" einzuführen, sehr gut. Gerade durch die Medien, allem voran das Internet, ist es so einfach wie noch nie, sich weiterzubilden. Kreativität findet noch viel mehr Möglichkeiten. Allerdings erfordert das ersteinmal Antriebskraft, die im selben Zuge (oder vorher schon) genommen wird... durch die restlichen 90% der Medienprodukte.