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Tierversuche/Tierschutz/Tierquälerei u.ä.
Da ich das ganze interessant finde, mische ich mich mal mit ein. Vor allem in der Bienen-Diskussion.

Grundsätzlich diskutieren wir ja hauptsächlich in der Theorie - im großen und ganzen sind sich alle einig, und je höher ein Leben gestellt wird, desto besser ist es - deswegen finde ich Bangors Argument, selbst wenn ich dem nicht zustimme, trotzdem positiv. Besser so als andersrum.

Trotzdem muss man festhalten, dass Tier- und Naturschutz tatsächlich ein Fass ohne Boden ist. In Prinzip müsste man auf der Parkbank schlafen und Fallobst essen, um mit seiner Existenz nicht die anderer Lebewesen einzuschränken. Für einen modernen Menschen ist es unmöglich, mit gutem Gewissen zu behaupten, Tierquälerei in keiner Form zu unterstützen. Von Essen und Bekleidung über Mobiliar, Wohnort, Unterhaltungsmedien und Mobilität... egal womit, wir "machen uns die Erde untertan" und unterstützen allein mit unserem Lebensstandard das Aussterben von Tierarten, Exploitationen an der Natur und grausame Unterdückung anderer Lebewesen, im kleinen wie im großen.
Daher MÜSSEN einfach Prioritäten gesetzt werden, ansonsten könnte man gleich jede Form von Ethik über Bord werfen oder müsste nach Botswana in die Kalahari wandern.

Erst einmal: Für mich hat jedes Lebewesen ein Recht auf Leben. Das ist ein ethischer Grundsatz. Dieses Recht wird erst dann beschnitten, wenn der Tot einen Sinn macht. Nur mit Grund darf ein Lebewesen getötet werden.
Ab wann dieser Grund ausreichend genug ist, legt natürlich jeder selber fest. Je höher das Lebewesen entwickelt ist, desto bedeutender muss er sein. Es versteht sich natürlich von selbst, dass nicht jedes Leben den gleichen "Wert "hat. Eine Gleichstellung von Biene und Hund ist völlig abwegig. Wenn man nicht differenzieren würde, dürfte man Tierversuche an Hunden mit denen an Mäusen gleichsetzen. Oder das Essen von Katzen moralisch genauso vertreten wie das von Schweinen. Und man müsste auch Menschen auf die Ebene eines Insektes stellen. Infolge dessen könnte man seinen Nachbarn ebenso töten wie eine Mücke, mit der Begründung, er hätte genervt.
Somit ist eine Gleichstellung von Leben - in jeder Dimension - absurd.

Wir messen den Wert eines Lebewesen an Eigenschaften wie: "Bewusstsein", "Intelligenz", "Wahrnehmung", "Charaktervielfalt", "Entscheidungsspielraum", "Lernfähigkeit", "Reflektionsvermögen".
Oder biologisch gesehen an der Größe des Gehirns, an der Vielfalt der Sinne, an der Entwicklung der Nerven. Es führt auf das selbe hinaus. Je bewusster ein Wesen lebt, je mehr Emotionen es entwickeln und je mehr Leid es empfinden kann, desto sensibler muss man mit ihm umgehen.
Eine Pflanze zum Beispiel ist auch ein biologischer Organismus, eine Pflanze "lebt". Sie empfindet aber keine Schmerzen, hat kein Nervenzentrum/Gehirn. Niemand käme nun auf den Gedanken, das grundlose Ausreißen eines Grashalms mit dem grundlosen Töten eines Hundes gleichzusetzen. Je "weniger entwickelt" ein Organismus ist, desto belangloser ist es für ihn, zu leben. Wenn er keine Schmerzen und kein Unrecht empfindet, ist es auch keine Tyrannei und keine Ungerechtigkeit, ihn für eigene Zwecke zu verwenden und in seiner Entfaltung zu beschneiden.
(Ich schreibe "für eigene Zwecke", weil auch Pflanzen ein Recht auf ihre Existenz haben und nicht grundlos abgerissen werden sollten - Natur sehe ich als reinsten Repräsentanten von Leben an, etwas grundlegend Vollendetes und somit Heiliges. Naturzerstörung ist für mich ein symbolischer Akt der "Gottes-" oder "Existenzlästerung")
Das Setzen der Prioritäten sieht man meistens in der Ernährung, ich zum Beispiel esse kein Fleisch, aber Fisch. Fische sind keine Säugetiere, sie sind weniger entwickelt, haben Kieme, andere Nervensysteme, sind archaischer. Wenn ich mir Tunfischdosen kaufe, achte ich darauf, dass delphinfreundliche Fangnetze benutzt werden, weil ich Delphine "über" Tunfische stelle.
Das bedeutet nicht, dass ich die Überfischung der Meere oder die keinesfalls artgerechte Fischzucht aufgrund ihres "geringeren Lebensrechts" befürworte - im Gegenteil. Aber ich benötige Eiweiß, LIEBE Fisch (und eigentlich auch Fleisch) und bin nicht in der Lage, auch noch hierbei einen Kompromiss einzugehen. Mir fehlt somit die moralische Standhaftigkeit - aber das schlechte Gewissen drückt hier weniger als bei einem Säugetier. Logisch, diese sind mir auch emotional näher.

Bei Insekten Verhält es sich ebenso: Mit den Töten einer Mücke habe ich keine großen Probleme, weil das Töten eines Parasiten für mich ein natürlicher Akt ist. Gleiches gilt für Zecken. In diesen Situationen habe ich einen (durch und durch berechtigten) Grund zum Töten, und da rettet auch das Recht des Lebewesens nichts aufgrund seiner geringen Wahrnehmungsfähigkeit. Die Verhältnismäßigkeit ist gegeben.
Selbiges bei Fliegen - sie bedrohen zwar nicht wie Mücken oder Zecken aktiv den menschlichen Körper, aber sie können stören und lassen sich nicht fangen. Eine schlaflose Nacht ist mir aber kein Fliegenleben wert.

Wenn man von dieser Theorie ausgeht, wäre auch eine Aussage wie die von Tiff vertretbar. Vorraussetzung: sie fürchtet sich schrecklich vor Bienen und fühlt sich bedroht. Dafür kann die Biene leider nichts - ich kann aber Menschen verstehen, die aufgrund persönlicher Ängste ihre Sicherheit bedroht fühlen und zwar tierlieb sind, aber im einzelfall eine Ausnahme machen. Solange wir "nur" von einem Wesen wie einer Bienen reden.

Um aber mal weiter im moralischen Gutmenschgetue Modelle zu spinnen, wenn wir schon dabei sind:
Meiner provokanten Meinung nach kann niemand mit gutem Gewissen das Töten einer Biene verurteilen, wenn er selber Fleisch isst. Das Töten der Biene gibt dem jeweiligen das Gefühl von Sicherheit und beruhigt irrationale Ängste. Das Töten eines Schweins gibt einen Satten Magen und einen guten Geschmack. Schweine setze ich aber nun weißgott (und mit Begründung) vor Bienen. Darüber hinaus wurde in den meisten Fällen für den kurzzeitigen Geschmacksgenuss das Schwein sein Leben lang schlecht behandelt, die Biene nur während ihrer Exekution. NOTWENDIG ist das Töten in keinem der Fälle, sinnvoller ist es in der Theorie aber bei der Biene.

So. Und jetzt kann mein erster Satz des Absatzes natürlich gestrichen werden - er diente nur als Gedankenanstoß. Jedes Töten darf mit GUTEM Gewissen angekreidet werden, weil es eine grundlegend positive Initiative ist. Wie oben schon erwähnt, man muss Prioritäten setzen, und NIEMAND kann mit reiner Weste behaupten, richtig für Natur und Tier zu handeln. Wo man anfängt ist egal, hauptsache man fängt an.

Fazit:
Bangor schrieb:Ich stelle LEBEN neben LEBEN. Warum ist das Leben eines Insektes weniger Wert als das eines Hundes?

Weil es so ist. Ebenso ist das Leben eines Menschen mehr wert als das einer Fliege. Wer Schmerzen spüren und darüber Reflektieren kann, wird mit der selben Handlung unverhältnismäßig mehr geschädigt.


Ich würde aber gerne noch ganz andere Gedankengänge und Diskussionsansätze einbringen.

Wir als Land beteiligen uns indirekt durch Konsum, also durch importierte Güter, an Umweltzerstörung in anderen Ländern, unsere eigenen Tierschutzgesetze sind meiner Meinung nach lachhaft, und die anderer Staaten, von denen wir beliefert werden (die wir also finanzieren, siehe Brasilien/Geflügel, aber auch Pelz und Versuchstiere aus Asien) sind unglaublich grausam (damit meine ich auch "unglaublich"). Wir bezahlen unmittelbar das lebendige Häuten von Hunden und haben keinerlei Gesetze gegen Verkauf derartiger Produkte, ebensowenig scheren wir uns um die Herkunft der Versuchstiere oder die Behandlung importierter Hühner/Eier, in deren Methoden und Zucht man überhaupt keine Einsicht bekommt.
Desweiteren könnte die Massentierhaltung ganz enorm verbessert werden. Allein Intensivmast gehört verboten, Standards müssten extensive Mast und Biozucht sein. Biofleisch wäre viel erschwinglicher, wenn die Schweine-, Rinder- und Huhnhaltung per Gesetz humaner vorgeschrieben wäre, weil sich dann andere Möglichkeiten in der Logistik ergeben würden. Denn: unser Konsum ist - schrecklicher Weise - von der Geiz-Ist-Geil-Mentalität geprägt, und weil wir hauptsächlich billiges Fleisch kaufen, das unter grausamen Bedingungen gewonnen wurde, müssen Biobauern nicht nur höhere Preise für ihre Zucht, sondern auch noch für den Transport verlangen, welcher sich bei den wenigen Absatzmärkten finanziell sehr stark niederschlägt - als preislicher Aufschlag aber bei größerer Produktion und größerer Nachfrage infinitesimal wäre.

Damit komme ich doch zu dem Schluss: Gewisse Produkte, die durch unmenschliche Methoden gewonnen oder produziert werden, dürften in Deutschland ganz einfach nicht verkauft werden - oder wenn, dann nur mit Kennzeichnung, damit der Konsument Bescheid weiß. Derzeit sind Tierschutz und Tierschutzgesetze doch hole Phrasen. Brasilianische Eier müssen z.B. nicht als solche gekennzeichnet werden, wenn Deutschland nur als EINE Zwischenstation im Lieferprozess gilt - und sei es, dass sie hier verpackt werden. Letztendlich kaufen wir "D"-Eier von kannibalischen Hühnern, die sich in der Zucht gegenseitig totpicken mussten.
Ethisch gesehen ist es für mich als Konsumenten doch egal, ob dies auf unserem oder auf brasilianischem Territorium geschah, meine Moral ergibt sich schließlich nicht nach irgendwelchen Grenzverläufen.

Tierquälerei wird dann natürlich trotzdem vorkommen - aber wenigstens nicht von deutschen und oft unwissenden Konsumenten bezahlt.
Klar ist doch, dass die Nachfrage das Angebot bestimmt. Wenn alle Konsumenten auf Qualität und humane Herstellung achten würden, herrschten bei Staaten mit hohen Fleischexport andere Bedingungen - denn sie würden ihre Ware nicht mehr losbekommen. Erst das Geiz-Prinzip ermöglicht schlechte Bedingungen. Man ist nicht bereit, 30 Cent mehr auszugeben, damit ein Tier weniger (sein ganzes Leben lang) leidet. Das ist unverhältnismäßig. Diese Auswahl in Anbetracht der Konsequenz dürfte der Mensch prinzipiell nicht haben - und in diesem Fall weiß er es meist nicht einmal.

Produkte, die unter äußerst verfassungswidrigen Umständen hergestellt werden, dürften nicht gekauft und somit finanziert werden - der Gedanke ist doch nicht abwegig.
Oder selbst, wenn man den Konsumenten die volle Entscheidungskompetenz lässt - was ich nicht gutheißen würde, wieso sollte jemand das Recht haben, über andere Lebewesen und deren Leid aus (sehr primitiven) monetären Gründen zu entscheiden - könnte man trotzdem für mehr Transparenz sorgen, mit einem Gesetz, das Angaben bezüglich der Produktionsbedingungen vorschreibt, damit wenigstens die Konsumenten entsprechend reagieren können, wenn sie es wollen.
Nur um ein utopisches Beispiel zu geben: wenn jedes Unternehmen bei jedem angebotenen Produkt draufschreiben müsste, WO es produziert wurde, von was es produziert wurde, wie hoch der Stundenlohn und wie lange die Arbeitszeit war, ob diese Arbeit von Kindern verrichtet wurde, wie umweltschädlich oder wie natürlich die Herstellung des Haarsprays war, wieviele Versuchstiere für das neue "Persil Extra Hautfreundlich" und für den Lippenstift von L'oreal gestorben sind, ob für den Pelz Tiere lebendig gehäutet wurden, nur narkotisiert oder schon bereits tot waren, WIEVIELE Tiere dafür starben, welche Stelle im Regenwald für die Gewinnung von Ackerland oder Herstellung von Papier, Kohle, Gartenmöbel, Edelholz oder Holzbrettchen genutzt wurde...
Der Natur, den Tieren und der Menschlichkeit würde damit ein großer Gefallen getan werden. Die Wirtschaft bestimmt sich NUR DURCH DIE NACHFRAGE, und wenn in westeuropäischen Ländern niemand mehr Produkte kaufen würde, die durch Kinderarbeit erzeugt wurden - dann würde es sich für große Unternehmen auch nicht mehr lohnen, ins Ausland abzuwandern oder den Regenwald abzuholzen. Die größten von der westlichen Welt hervorgerufenen Grausamkeiten begründen sich aus ökonomischen Interessen, weil im Kapitalismus jeder Mensch nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten agiert, und jedes Unternehmen nach wirtschaftlichen Interessen ausbeutet. Wenn ein Gesetz mehr Transparenz im Produktionsprozess schafft und sich Unmenschlichkeit damit nicht rentieren würde, wäre das Vorteilhaft für die ganze Welt.

Der Verbraucher ist derjenige mit der größten Kompetenz, die Welt zu ändern und zu verbessern, und trotzdem lebt er in einem Zustand der Informationsumnachtung. Das widerspricht sich doch. Argentinische Rinder sind nur beliebt, weil ihr Fleisch besser schmeckt - kaum einer denkt daran, dass dem so ist, weil sie mehr Auslauf haben und eine bessere Zucht genießen. Die meisten wissen es noch nicht einmal. Bei Zigarettenschachteln schreibt das Gesetz vor, nicht nur die Inhaltsstoffe, sondern auch noch die Auswirkungen raufzuschreiben. Warum kann von "dieses Produkt schadet der Haut" nicht auch übergegangen werden zu "Dieses Produkt schadet der Umwelt"? Warum gibt es keine Kontrollinstanz für Umweltschädlichkeit oder für Monopolisierungstendenzen, ein Verbraucherschutzorgan, dass den jeweiligen Konsumenten über die Auswirkungen seiner Handlung informiert? Das ganze müsste doch möglich sein. Vor allem, da wir dank Globalisierung auch eine Europäische Union haben, hauptsächlich ein wirtschaftlicher Zusammenschluss, der supranational agieren kann. Eine Nation, die dies umsetzen will, stände nicht einmal alleine da - im besten (und in der Theorie gar nicht soweit hergeholten) Falle könnte man sogar als Kollektiv agieren.
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