08.09.2006, 15:17
Zitat:Die einzige Enttäuschende an Stay war für mich das Ende. Es ist zwar nicht vorhersehbar, aber ich persönlich fand die Idee etwas plump. Das macht dann ein wenig den ansonsten sehr positiven Eindruck zunichte
Hach... so unterscheiden sich Geschmäcker

Bei mir war es andersrum. Nach großen Erwartungen sah ich ihn endlich - und war durchgängig enttäuscht. Atmosphäre? Kaum vorhanden. Die Dialoge so unecht, dass es nicht mysteriös oder verwirrend wirkt, sondern nur gewollt. Die Stilistik so kalt, dass man nicht wirklich eintauchen kann. Die Schnitte so künstlich. Die Handlung nicht mitreißend.
WAS mich wiederum begeisterte, war das Ende. Eine WIRKLICH tolle Idee, die FABELHAFT hätte umgesetzt werden können. Wenn ein Regisseur mit mehr Feingefühl und Sensibilität für das Thema (statt Fokussierzwang auf Computereffekte) daran gesessen hätte, wäre es vielleicht ein Meisterwerk geworden. Allein bei der Schauspielgarde, der Grundidee und der Storyentwicklung.
Ich spoiler mal ein bisschen, bitte JA nicht weiterlesen, wenn man den Film nicht kennt.
Den Gedanken, einen Menschen kurz vor seinem Tod einen Fiebertraum mit allen in den letzten Minuten gehörten und gesehenen Eindrücken verarbeiten zu lassen - und uns diesen Fiebertraum als eigene Geschichte zu präsentieren - ist grandios. Es gleicht einem Psychogramm. Wir verfolgen kontinuierlich einen etwas surrealen Storyverlauf, und merken erst am Ende, dass wir die ganze Zeit fehlgeleitet wurden. Die wirkliche Hauptfigur, überhaupt der ganze Betrachtungswinkel ist völlig losgelöst von dem bis dahin gesehenen. Alles das nämlich ist - berechtigt - bedeutungslos. Man weiß natürlich schnell, dass man in eine Odyssee eintaucht, in der die Realität mit Wahrnehmung oder Träumen oder Visionen verschmilzt, aber nicht, warum, und hangelt sich an der Entwicklung "Psychiater - Patient - Selbstmord/Zeitdruck" entlang. Darin liegt die psychologische Finte. Schaut man sich den Film ein zweites Mal an, merkt man: Viele Szene ergeben auf andere Art und Weise Sinn, ganz besonders der Anfang baut konsequent auf wirren Gedankengängen und -Sprüngen auf. Man übersah beim ersten Sehen, was seit Beginn vorhanden war. Man hat die letztendlich relevante (und stark vertretene) Ebene gar nicht mitbekommen, sondern nur im Tunnelblick auf den Storyverlauf geachtet und nebenbei vielleicht noch gemerkt: Es geht über ins Surreale, soso. In der Theorie gefällt mir sowas sehr.
Nur ist die einzige Vorraussetzung dafür: Der Zuschauer muss am Ende auch das Gefühl haben, einem Fiebertraum gefolgt zu sein. Er sollte erschlagen vor den Bildern sitzen und entweder denken: "Aha, so fühlt sichs Sterben an", oder: "Hä? Versteh ich nicht. Aber hab ein äußerst komisches Bauchgefühl und imaginäre Kopfschmerzen".
Das kommt nicht vor. Bei mir zumindest nicht. Und das liegt überhaupt nicht daran, dass ich derartiges nicht mag, im Gegenteil, ich zähle mich zu dem optimalen Zielpublikum. Der Film hat es einfach nicht geschafft, die Atmosphäre zu vermitteln, die er vermitteln wollte. ÜBERHAUPT nicht. Für mich war er neunzig Minuten lang eine Kombination aus Langeweile, Oberflächlichkeit, Pseudo-Verwirrspielen, aufgesetzten Bildern und mit Schnitten, die stilvoll sein sollen, aber nur kalt und aufgeblasen sind.
Natürlich könnte man Forster dafür loben, dass er seine Idee mehr oder weniger konsequent verfolgt hat und nicht auf die Spannung des Filmes achtete, sondern auf die Kongruenz zum Fiebertraum. Den Dialoge merkt man beim zweiten Sehen den Fiebertraumcharakter natürlich an - nicht, weil es ins Schwarze trifft, sondern weil es sich zu einem Traummodell subsumieren lässt. Beim ersten mal denkt man jedoch: Unecht. Gekünstelt. Pseudy-mysteriös. Ungekonnt wirr. Das bedeutet: Hier wird auf mögliches Publikum, oder auf Spannung, oder auf Atmosphäre verzichtet, um dem ganzen inhaltlich mehr Sinn zu geben - auch wenn Zuschauer vergrault und potentielle Einnahmen verspielt werden.
Aber wie gesagt, das alles KÖNNTE man Loben. Muss man nicht. Ob es von Forster beabsichtigt ist, dass sein Werk erst beim zweiten Sehen Stärke zeigt und beim ersten keine wirklich emotionale Regung augelöst wird, ist sehr fraglich. Für mich bleibt es weiterhin nur kalt. Das, was der Film bei all seinem Inhalt hätte erreichen müssen, um als gelungen Bezeichnet zu werden, ist das GEFÜHL eines Fiebertraums. Das, und NICHTS anderes, müsste Zielsetzung seiner 90 minuten sein. Er hätte dem Zuschauer subtil berühren müssen, fesseln, aus der Bahn werfen. Ich saß noch ziemlich gut im Sitz am Ende. Ich hoffte nur kontinuierlich, dass die Auflösung des lächerlich-künstlichen Mystery-Quatsches irgendwie Sinn ergibt, ansonsten wäre es der reinste Bauchplatscher ins Wasser gewesen. Auch finanziell, denn den Schnitten allein sieht man den Aufwand an. Nur begeistert es nicht, wenn ein dämlicher Ballon sich mit unglaublich künstlicher Computeranimation zu der Spiegelung einer Szene verwandelt, in die wir anschließend eintauchen. Es muss Gefühl dahinter liegen. Kein steriles Eintauchen.
Der Sinn dahinter ist natürlich klar - ein Traum besteht aus Assoziationen, und so muss man von einer Szene zur nächsten gelangen, ohne unterbrochen zu werden. Es MUSS auf den gängigen Schnitt verzichtet werden, zu jeder Szene verläuft der Anschluss durch Übergänge, durch geistige Transformationen. Die Idee wie gesagt - super. Die Umsetzung - teuer, künstlich, kalt, steril, oberflächlich. Nicht "schlecht", nicht unästhetisch, überhaupt nicht... man sieht ihr jedes Mal die unbezweifelbare Mühe und den riesigen Aufwand an. Genau das sollte man nicht. Genau das darf ein Film, der subtil wirken will, nicht tun. Er muss es schaffen, aus den teuer-plastischen Darstellungen überzugehen ins Unterschwellige, Beklemmende.
Ich bin überhaupt nicht der Meinung, das Stay ein schlechter Film ist. Er hat nur sein Ziel nicht erreicht. Er hätte da ja fast schon zu Beginn sagen sollen, worauf er hinaus will, und dann die Todesvision darstellen - die Schlusspointe wäre zwar versaut, aber man hätte die Interesse des Zuschauers und die Akzeptanz für den Filmstil (nur keine Spannungskurve mehr
