05.09.2006, 20:23
Ginny-Rose_Carter schrieb:Das versteh ich jetzt grad nicht - was wäre denn dann mit den Geistern? ?(
Gemeint war, dass mein Eindruck ist, dass Stanley Kubrick in seiner gelungenen Verfilmung dem Zuschauer etwas mehr Phantasiespielraum für Kings „The shining“ lässt, ob (vielleicht abgesehen von Dannys hellseherischen Fähigkeiten) übersinnliches im Spiel ist.
Kubrick verlagert die Handlung mehr auf die gespannte Familiensituation der Torrance und nicht auf die Spukhausthematik.
Wie Du ja selber schreibst, porträtiert Nicholson den Jack Torrance schon zu Anfang als im mindesten psychisch labil.
Eine erste düstere Andeutung von Jacks latenter Mordlust scheint mir in seiner Begeisterung für die „Donnergruppe“ zu liegen (die eingeschneite Siedlergruppe), welche während der Autofahrt am „Closing day“ angesprochen wird (kommt meiner Erinnerung nach im Buch nicht vor).
Jack Nicholson brachte seine Rolle übrigens so auf den Punkt:
„Ich spielte sie so, als wäre es eine sehr reale, klassische Psychose männlicher Unzulänglichkeit und ihrer Übertragung auf seine Familie in einer pathologischen Weise.“ Das trifft es eigentlich.
Die psychische Anspannung und die von Klaustrophobie unterlegte Stress-Situation unter den Beteiligten im Hotel bis hin zum Auftreten der „Geister“ könnte man daher IMHO bei Kubrick auch als Jacks Halluzination interpretieren, die sich aus Isolation und Abgeschiedenheit (Stichwort „Trapperfieber“ im Einstellungsgespräch mit dem Hotelmanager Ullman) in seiner Vorstellung allmählich heranentwickeln.
Nun gut, Wendy sieht die „Geister“ ja später in der Tat auch, aber Verrücktheit ist ja unter Umständen ansteckend, wie wir alle wissen! (siehe: Der Fornit

Eine weitere Bedeutung für die Eskalation scheint mir auch in der Szene zu liegen, wo Wendy entdecken muss, dass Jack an einer unbemerkten Schreibblockade leidet und über monatelange Unproduktivität hinweg nur unsinnige Sprüche verfasst hat („All work and no play makes Jack a dull boy!“ / Soweit ich mich nicht täusche, kommt diese Szene in der Romanvorlage auch nicht vor.)
Eine weitere besondere Szene des Films ist jene, in welcher Torrance im dem berühmt-berüchtigten Zimmer 237 (bzw. 217 im Roman) nach dem rechten sieht, eine Begegnung der untoten Art hat, aber diesen realen bzw. irrealen Vorfall verschweigt und gegenüber Wendy die Theorie vertritt , ihr Sohn hätte sich seine Verletzungen selbst zugefügt, um Aufmerksamkeit bei den Eltern zu erregen. (In einer Filmrezension wurde der Film mal als "übersteigertes Familiendrama" kritisiert, was ich gar nicht mal so abwegig finde!)
Sind die Zwischenfälle in diesem Zimmer also real oder bloße Einbildung?
Von den „Geistern“ spielt letztendlich Delbert Grady die besondere Rolle für den Handlungsverlauf. Klar ist, dass die Figur des Hausmeistervorgängers Grady letztendlich ausschlaggebend für den Amoklauf Jacks ist, aber „Nona“ (aus „Gesang der Toten“) hat es ja bei Ausgang jener Geschichte angeblich auch nie gegeben.

Tja, und wer Jack aus der Gefangenschaft aus der Kühlkammer lässt, bleibt bei Kubrick ja so wunderschön offen und zweideutig...
Wie schon gesagt, Kings Buch mag ich im Vergleich zum Film von Stanley Kubrik nicht besonders. Irgendwie wird mir dort der ganze Plot zu breitgetreten und ist zu weitschweifig.
Alles in allem: Ein erstklassiger und gegenüber der Romanvorlage eigenständiger Film!