17.04.2006, 13:36
Zitat: Ein mündiger Mensch darf für sich selbst entscheiden und übernimmt die Verantwortung für seine Taten.
Nein. Das folgt daraus. Ein mündiger Mensch KANN für sich selbst entscheiden und die Verantwortung für seine Taten übernehmen. Und deshalb DARF er das

Zitat:Oder hat er eine Verantwortung gegenüber der Gesellschaft, dem Leben oder ähnlichem seine Möglichkeiten optimal zu nutzen ? Und wenn das so ist, darf er dann Alkohol trinken (auch ziemlich schädlich fürs Hirn), oder geht es gar nicht um Verblödung, sondern darum, dass ihm 'gefährliches Gedankengut' eingetrichtert wird.
Passend, das Alkoholbeispiel.
Es ist das gute Recht eines jeden Menschen, über sich und seinen Körper zu entscheiden. Er sollte tun und lassen können, was und wie es ihm gefällt, solange sein Handeln nicht die Rechte eines anderen Menschen verletzen. Eigentlich ganz simpel. Das würde mit anderen Worten bedeuten, dass ihm niemand vorschreiben darf, was er zu essen oder trinken hat. Trotzdem ist Alkohol in manchen Staaten verboten... in unserem ist es Hasch. Stärkere Drogen überall. Dabei würde es niemanden stören, wenn ich mir mit meinem Geld am Kiosk die Zeit verbringe und dabei niemanden belästige, oder nachts auf der Parkbank was ziehe und mich dann schlafen lege. Der Grund für das Verbot liegt in erster Linie nicht darin, das soziale Umfeld der Person zu schützen. Es geht um die Person selber. Sie wird nicht als fähig eingeschätzt, die Situation oder die Konsequenzen einzuschätzen (auch über 20). Sie ist nicht Zurechnungsfähig, ihr Wille oder ihre Meinung zählen nicht. Klar könnte man argumentieren, dass in Deutschland das Gesetz gegen den Haschischhandel, nicht aber gegen den Konsum vorgeht... trotzdem beinhaltet es das. Man verbietet den Vertreib nicht, weil man meint, dass unmündige Jugendliche daran kommen können - sondern weil irgendjemand daran kommen könnte. Ansonsten wäre coffeeshops legal, für die nur Erwachsene Zutritt haben.
(Es geht hier nur um die Definition, meine eigene Meinung dazu lasse ich, auch weiterhin, außen vor)
Das selbe ist beim Rotenburg-Beispiel: Armin Mewes hat jemanden umgebracht, der sich freiwillig Foltern und umbringen lassen wollte. Als er die Möglichkeit ein vorheriges Mal bei jemanden hatte, der sich nicht wirklich töten lassen wollte, hat er sie nicht genutzt. Er hat also nur mit Einverständnis des Opfers gehandelt, theoretisch liegt kein Verbrechen vor. Trotzdem wurde er verurteilt. Der Wille von Brandes, dem Opfer, wurde nicht anerkannt. Obwohl der Mensch das Recht hat, mit sich und seinem Körper nach seinem Wunsch zu verfahren, hatte Brandes kein Bestimmungsrecht - laut dem Gericht. Weil er durch seinen psychischen Zustand testierunfähig wäre.
Das selbe haben wir auch bei Schlinks "der Vorleser", in dem entschieden werden muss, ob eine Analphabetin, die Angst vor der Bloßstellung hat und sich deshalb zu fremden Verbrechen bekennt, aufgrund ihrer Angst mündig genug ist, diese Entscheidung zu treffen.
Wenn du vom Recht auf freiwillige Verblödung sprichst, müsste man davon ausgehen, dass um die Art der "Verblödung" gewusst wird. Um Verantwortung zu nehmen, muss man wissen, wofür. Bei einem Medienprofessor wäre die Diskussion unnötig... er kann unbestreitbar selbst entscheiden, weil er alles benötigte Vorwisen hat. Wir definieren gängiger Weise "Vorwissen" und "Entscheidungskompetenz" anhand von Lebensjahren. Grober Schnitt, wer 18 ist, hat genügend Wissen über das Leben, um selber in allem Kommenden entscheiden zu können. Ob nun aber jeder Mensch die Kompetenz oder das Wissen besitzt, über seine eigene Verblödung (wir belassen es bei dem Wort

Nur hat man keine andere Alternative. Nicht umsonst ist die Aussage "gefährliches Gedankengut" vom Nationalsozialismus und dem Stalinismus geprägt. Wenn nun nicht jeder Mensch die Fähigkeit hat, für sich zu entscheiden (und wir gehen davon aus, dass viele diese nicht haben), wer hat es dann für sie? Wer hat diese Kompetenz? Und vor allem, wer darf diese unendliche Macht ungefährlich nutzen? Welcher Übermensch ist in der Lage, über "richtiges Gedankengut" und "gefährliches Gedankengut" zu entscheiden? Es darf niemand diese Macht haben, und deswegen ist eine Zensur, wenn sie nun nicht vollkommen nachvollziehbar ist (kinderpornographie, subversive oder nationalsozialistische Propaganda, Gewaltpropagierung -> aktiver Schaden für die Gesellschaft), nicht durchführbar. Mündig sind aber eigentlich nicht alle.