14.04.2006, 22:16
Zitat:@Bangor
Sehe seit meinem 16. Lebensjahr Horrorfilme ( seit 1989 ) und habe seitdem noch keinen Menschen umgebracht ... aber vielleicht wirds noch ...
Hinter der Behauptung, dass Gewaltpornographie schade, steckt nicht (!) die Vorraussetzung, der Schaden würde Gewaltbereitschaft fördern. Es wird auch nicht verneint... aber in keinem Fall vorrausgesetzt.
Meiner Meinung nach stumpft sie die Gesellschaft emotional ab. Ich denke nicht, dass dadurch die aktive Gewaltbereitschaft steigt - sondern dass die emotionale Gewaltakzeptanz, die Hemmschwelle sinkt. Nicht zwingend Aggressivität... zumindest keine direkte. Vielleicht wird sogar im Gegenteil das fiktive Erleben der Schmerzen als Ventil genutzt, um eigene Aggressionen umzuwandeln. Kurzzeitig. In den meisten Fällen kann es vielleicht auch als natürlicher Nervenkitzel dienen. Letztendlich aber stumpft man emotional und geistig ab.
Das bedeutet nicht, dass jedes Individuum (auch nur Ansatzweise) zum Psychopathen wird... aber, dass die Hemmschwelle der Gesellschaft sinkt und die Empfindsamkeit für subtile Zwischentöne in Filmen (bishin zum sozialen Miteinander) vernachlässigt wird. Und dass mit einer gesteigerten visuellen Gewaltbereitschaft ein kultureller und geistiger Rückgang einhergeht. Für den Einzelnen mag es im großen oder im kleinen Maße schaden, vielleicht sogar helfen - auf die Gesellschaft bezogen jedoch ersteres. Im Beispiel Hostel der schädliche Einzug in den Mainstream vom vorher akzeptablen Nischenpublikum.
Und der wichtige Punkt ist für mich dabei auch die schon von Ginny angesprochene Menschenverachtung. Das visuelle, fiktive Miterleben von menschlichem Leid sollte nicht als Achterbahnfahrt, als Nervenkitzel, angesehen werden. Brutalität in Actionfilmen, Psychoterror, Angst, das mag etwas anderes sein... es beschäftigt sich mit dem Grundgedanken der Romantik -> die Sehnsucht nach Ferne, nach Abenteuer. Das beinhaltet im übertragenen Sinne Gefahr, Geschwindigkeit, Action, Risiko, Angst, den potentiellen Tod (den man als Zuschauer gerne erlebt). Die FIXIERUNG auf Qual und Gewalt jedoch, das Miterleben von Folter und Perversion, löst sich vom Grundgedanken des Adrinalinschubs (ANGST) zur Faszination und Aufgeilung (phychisches Leid, Qual, Deformation des Körpers).
Als Freizeitgenuss scheint mir das menschenverachtend. Nicht umsonst wird versucht, die Darstellung, das Leid der Opfer, realitätsnah und nachvollziehbar zu gestalten, so dass aktiv das Wissen um die Fiktion ausgeblendet wird.
Zur Daseinsberechtigung... in Nischen: Ja. Als Konsumprodukt der breiten Masse (aktueller Trend): Nein. Nach meinem ethischen Bewusstsein. Eine Zensur halte ich nicht für angebracht... eine Selbstzensur schon.